Der ehemalige HSV-Trainer Thomas Doll im Interview.

Abendblatt:

Herr Doll, am Sonnabend HSV gegen Dortmund - wem drücken Sie die Daumen?

Thomas Doll:

Dem HSV, weil ich so viele Jahre im Verein verbracht habe. Ich war beim HSV Spieler, Nachwuchstrainer und Bundesliga-Trainer, es verbindet mich schon sehr viel mit dem Klub.



Abendblatt:

Was hat sich verändert in Dortmund, seit Sie den BVB nicht mehr trainieren?

Doll:

Die Jungs versuchen das umzusetzen, was ihnen Jürgen Klopp mit auf den Weg gibt, sie versuchen, aggressiv zu spielen.



Abendblatt:

Was ist noch neu?

Doll:

Der Tabellenplatz, obwohl die Borussia ja viele Unentschieden vorzuweisen hat. Verändert hat sich auch das Umfeld, es gibt jetzt weniger Kommentare von Leuten aus dem Umfeld, man lässt den Trainer ruhig arbeiten.



Abendblatt:

Ihr Beginn in Dortmund war sehr gut, Sie haben den Klub gerettet, aber warum ging es dann nicht so weiter?

Doll:

Der Klassenverbleib war schon ein großer Schritt für den Klub, das wird im Nachhinein ein wenig unterschätzt. Ich hatte damals eine Mannschaft übernommen, die vor allem mental in keiner guten Verfassung war.



Abendblatt:

Auch Ihre Vorgänger sind früh gescheitert. Ist der BVB untrainierbar?

Doll:

Die Erwartungshaltung ist natürlich riesig, der Klub und sein Umfeld wollen sich immer noch in Sphären bewegen, die nicht mehr aktuell sind - wie Bundesliga-Spitze oder Champions League. Anspruch und Wirklichkeit klaffen in Dortmund immer noch sehr weit auseinander. Ich glaube auch jetzt, dass es für einen internationalen Startplatz sehr schwer werden wird.



Abendblatt:

Wie sehen Sie die Entwicklung beim HSV?

Doll:

Die Spieler sollten umdenken, sie müssen auswärts anders auftreten, viel besser ins Spiel finden. Mit der Grundformation hat das aber nichts zu tun.



Abendblatt:

Womit dann?

Doll:

Die Heimmannschaften nehmen das Spiel schneller, aggressiver, konzentrierter auf, und der HSV wundert sich immer. Dabei müssten sie es wissen, wie das geht, denn zu Hause treten sie ja genau so auf, da spielen sie selber so. Das hat nichts damit zu tun, ob man nun ein bisschen defensiver denkt oder nicht, das hat damit zu tun, dass man mit dem Anpfiff hellwach sein muss.



Abendblatt:

Hat der HSV die Qualität, um oben dran zu bleiben?

DOLL:

Auf jeden Fall, die Mannschaft hat Qualität und Erfahrung, die Spieler haben Charakter. Es muss nur geduldiger gespielt werden. Die leichtfertigen Ballverluste, die zu Kontern führen, müssen abgestellt werden.



Abendblatt:

Also bleibt der HSV in der Bundesligaspitze?

Doll:

Natürlich, darüber muss man sich nicht unterhalten. Uwe Seeler hat vor ein paar Wochen gesagt, dass der HSV um die Meisterschaft spielt, und das kann der HSV auch. Die Mannschaft ist gefestigt, das Umfeld ist intakt, es stimmt alles.



Abendblatt:

Ist der Trainer okay?

Doll:

Absolut, Martin Jol ist erfahren, der bekommt das hundertprozentig hin - der HSV landet unter den ersten drei Klubs.



Abendblatt:

Wie geht es mit dem Trainer Thomas Doll weiter? Gab es und gibt es Angebote?

Doll:

Zuletzt hatten bei mir Steaua Bukarest und die japanische Nationalmannschaft angefragt, aber ich habe abgesagt, denn zurzeit möchte ich ganz einfach nicht ins Ausland.



Abendblatt:

Ihr Traum war doch immer, Trainer in Italien zu sein.

Doll:

Ja, aber jetzt noch nicht. Bei meinem neuen Klub muss es nun hundertprozentig passen, es wird keinen Schnellschuss mehr geben. Die Philosophie muss stimmen, die Vereinsstrukturen sind wichtig - nur einen Verein zu übernehmen, um einen Verein zu haben, das mache ich nicht mehr.



Abendblatt:

Nur Erste Liga?

Doll:

Nein, ein Verein aus der Zweiten Liga, der nach oben will, ginge auch. Es muss ja auch nicht unbedingt die Champions League sein, das hätte ich im Sommer haben können, da habe ich Anfragen von Panathinaikos Athen und Twente Enschede abgesagt. Es muss passen, ich habe noch Zeit, ich weiß, dass ich meine Trainerkarriere noch vor mir habe.



Abendblatt:

Werden Sie am Sonnabend im Stadion sein?

Doll:

Auf jeden Fall.