Der Kapitän bleibt an Bord: Bundestrainer Joachim Löw verhängte keine schwerwiegenden Sanktionen gegen den reumütigen Kapitän, stellte aber auch klar: „Auch er muss sich an die Regeln halten.“

Frankfurt/Main. Der Konflikt ist beigelegt, der Kapitän bleibt an Bord: Bundestrainer Joachim Löw verzichtet trotz der öffentlich geäußerten Kritik von Michael Ballack auf Sanktionen für den Spielführer der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Fast 24 Stunden nach einem Vier-Augen-Gespräch in der Verbandszentrale in Frankfurt verkündete der Deutsche Fußball-Bund (DFB) am Freitag das Ende des Streits zwischen dem Chefcoach und seinem wichtigsten Spieler, der mit dieser Entscheidung glimpflich davonkam. "Es war wichtig, dass wir dieses Gespräch in aller Offenheit geführt haben. Michael Ballack bleibt mein Kapitän", sagte Löw in einer vom DFB verbreiteten Presseerklärung. DFB-Präsident Theo Zwanziger begrüßte ausdrücklich die Einigung, für die Ballack mit seiner Entschuldigung bei Löw die Voraussetzung geschaffen hatte. "Ich bin froh und glücklich, dass die Angelegenheit geklärt wurde. Die Autorität des Trainers hat keinen Kratzer mehr. Jetzt können wir gemeinsam die bevorstehenden Aufgaben angehen", sagte Zwanziger. Bereits das kommende Testspiel am 19. November gegen England sei eine wichtige Standortbestimmung, bei der alle Kräfte gebraucht würden.

Der Spieler des FC Chelsea, der unmittelbar nach der Aussprache nach London zurückgeflogen war, hatte vor zehn Tagen in einem Zeitungsinterview den Führungsstil des Bundestrainers scharf kritisiert und ihm unter anderem mangelnden Respekt gegenüber den erfahrenen Spielern vorgeworfen. Mit der gütlichen Einigung gelang es beiden Seiten nun, ihr Gesicht einigermaßen zu wahren.
Ballack, der sich mit Genehmigung seines Klubs in Deutschland aufhielt, gab sich in dem DFB-Statement betont reumütig: "Ich habe eingesehen, dass es nicht in Ordnung war, an die Öffentlichkeit zu gehen, und bedauere auch, dass der Eindruck entstanden ist, ich wolle Joachim Löw in seiner Position als Bundestrainer kritisieren. Dafür habe ich mich bei Joachim Löw entschuldigt."
Löw erteilte Ballack eine Rüge und erinnerte den 32-Jährigen in der Aussprache noch einmal nachdrücklich an den Verhaltenskodex im DFB-Team. "Auch als Kapitän muss er sich an die Regeln halten. Er weiß, dass er jederzeit alle Dinge intern ansprechen kann. Alle sportlichen und personellen Entscheidungen werden aber letztlich von unserem Trainerteam getroffen - und dies habe ich Michael unmissverständlich deutlich gemacht", betonte der Bundestrainer.

Der 44-Jährige blickte aber auch in die sportliche Zukunft. "Ich freue mich, dass damit ein hervorragender Nationalspieler, der in den vergangenen Jahren großen Anteil an unseren Erfolgen hatte, weiter zur Verfügung steht und uns helfen wird, die gesetzten Ziele auf dem Weg zur WM 2010 zu erreichen", sagte der Coach. Ballack spielte verbal Doppelpass mit dem Bundestrainer. Er habe nach der Aussprache keine Zweifel daran, dass "wir in der Nationalmannschaft in einer guten Atmosphäre unsere gemeinsamen Ziele realisieren können".

Warum es so lange dauerte, bis der DFB seine Mitteilung um 16.35 Uhr auf der eigenen Homepage veröffentlichte, erklärte DFB- Mediendirektor Harald Stenger. "Es war ein Gebot der Fairness, um die Sache ordentlich über die Bühne zu bringen", sagte er, nachdem die wartenden Journalisten vor der DFB-Zentrale in der Otto-Fleck- Schneise sogar mit Kaffee und Kuchen zwischenzeitlich versorgt worden waren. Sie hatten dort seit den Morgenstunden ausgeharrt und auf das Ergebnis der Aussprache gewartet. Ballack sei im Training und lange Zeit nicht zu erreichen gewesen, teilte Stenger mit. Die Erklärung sei nicht mit Ballacks Manager abgesprochen worden, betonte er.