Mit seiner Erklärung wollte der Nationalspieler für Entspannung sorgen - vergebens.

Hamburg. Die Reaktion kam mit zwölf Stunden Verzögerung - und sie wirkte außerordentlich kühl. In drei dürren Sätzen reagierte Bundestrainer Joachim Löw gestern Morgen auf die Entschuldigung seitens Michael Ballacks: "Ich habe die Erklärung von Michael Ballack registriert. Viel wichtiger ist das persönliche Gespräch. Danach wird es von mir eine abschließende Stellungnahme geben."

Worte, die nicht gerade nach Entspannung im nunmehr knapp eine Woche andauernden Konflikt zwischen Nationaltrainer und seinem Kapitän klingen. Dabei hatte es noch am späten Sonnabend nach einem baldigen Friedensschluss ausgesehen. Denn um 22.19 Uhr verbreitete der Sport-Informations-Dienst (sid) eine Erklärung von Michael Ballack, in der er nach einem Telefonat mit Löw eine Entschuldigung ankündigt (Wortlaut rechts): "Ich werde mich in kürzester Zeit mit Joachim Löw zusammensetzen, sobald es mein Gesundheitszustand zulässt, und mich für mein Verhalten entschuldigen."

Erst gestern kristallisierte sich heraus, dass der Nationalspieler, derzeit im Wartestand nach Operation an beiden Füßen, sich mit genau dieser Erklärung alles andere als einen Gefallen getan hat. Das Abendblatt erfuhr: Löw hatte erwartet, dass Ballack seinen Rundumschlag in seinem Interview mit der FAZ komplett zurücknimmt. Stattdessen gab Ballack nur zu, dass sein Gang an die Öffentlichkeit falsch war: "Es (war) ein Fehler ..., diesen Weg zu wählen." Für einen engen Vertrauten Löws ist dies absolut unzureichend: "Inhaltlich nimmt Ballack ja überhaupt nichts zurück."

In der Tat dürfte das persönliche Gespräch zwischen Ballack und Löw jetzt noch schwieriger werden. Besonders der Vorwurf Ballacks, dass Personalentscheidungen in der Nationalmannschaft nicht ausschließlich nach Leistungsgesichtspunkten fallen würden, hat Löw getroffen. Schließlich weist der Bundestrainer immer wieder darauf hin, wie wichtig ihm das Leistungsprinzip ist. Auch die Klage über angeblich fehlenden Respekt hat den Bundestrainer schwer verärgert. Christoph Schickhardt, Löws langjähriger Anwalt, diagnostiziert in den "Stuttgarter Nachrichten": "Da ist ihm der Kragen geplatzt. Für ihn ist Respekt geradezu eine Handlungsmaxime."

Auch die Aussagen aus München dürften kaum zur Deeskalation betragen. So monierte Bayern-Manager Uli Hoeneß: "Man lässt die Sache einfach köcheln. Dabei hätte man schon längst ein Flugzeug nach London nehmen können, dann wäre die Sache aus der Welt." Schweiz-Trainer Ottmar Hitzfeld äußerte sich ähnlich: "Der Nationaltrainer hat sehr viel Zeit. Ich hätte mich gleich ins Flugzeug gesetzt und wäre zum Spieler geflogen, um das unter vier Augen zu besprechen und auszuräumen."

Fliegen wird jetzt Ballack - zu einem Treffen in Deutschland ist er ja bereit. Womöglich wird er aber auch im übertragenen Sinne "fliegen". Nach wie vor ist seine Zukunft völlig unsicher. Eine Variante, die zurzeit beim DFB diskutiert wird, heißt: Ballack darf bleiben, muss aber die Kapitänsbinde als Zeichen der Buße abgeben. Übrigens: Auch sein Freund Torsten Frings, zuletzt nur Ersatz, gab gestern eine Erklärung ab. Er werde nicht zurücktreten: "Ich werde weiter kämpfen."

Filme zur Eskalation des Streits in der Nationalelf