Viel Lob für den HSV-Profi nach seinem glanzvollen Auftritt im Länderspiel. Bundestrainer Joachim Löw sagt: “Piotr ist ein absoluter Leistungsträger.“

Hamburg. Es war sein Abend. Und auch seine Nacht. Beim Mannschaftsessen kurz vor Mitternacht hatten ihn die Kollegen dazu aufgefordert, eine Rede zu halten. Obligatorisch. Es wird immer ein Nationalspieler nach einem Spiel aufgefordert, etwas zu sagen - diesmal war es Piotr Trochowski. Erstmalig. Aber nicht ohne Grund. Die Rede musste von genau dem Mann kommen, der sich um 22.14 Uhr mit seinem Siegtor gegen Wales in die Herzen aller deutschen Fußball-Fans geschossen hatte. Das war sie, Trochowskis Nacht.

Daran konnte auch DFB-Präsident Theo Zwanziger nichts ändern. "Ich hatte gerade einen Satz in meiner Rede gesagt", so "Troche", "aber zu mehr kam ich nicht." Der DFB-Boss unterbrach den Hamburger, um selbst etwas zu sagen.

Video: Piotr Trochowski nach seinem Treffer gegen Wales

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Natürlich voller Stolz, selbstverständlich auch mit Glückwünschen zu den beiden Siegen in den WM-Qualifikationsspielen gegen Russland und Wales. Genau darüber wollte Trochowski eigentlich auch gesprochen haben, aber er wurde von Zwanziger ausgebremst.

Was den HSV-Dribbelkünstler nicht sonderlich störte, denn es war auch ohne diese Rede seine Nacht.

Er hatte die Ideen ins deutsche Spiel gebracht, er hatte sich in die Herzen der Fans gedribbelt, über seine linke Seite kam die Löw-Elf immer wieder nach vorne und zu Chancen, und dann das Tor. Beim Schlusspfiff in Mönchengladbach reckte "Troche" kurz die Faust in den Abendhimmel und schlug damit zu wie ein Boxer. Dann ging er für Sekunden in die Knie, um Luft zu schnappen.

Anschließend kamen die Kollegen. Fast jeder schnappte sich den Siegtorschützen und drückte ihn, ganz besonders innig der Kapitän, Michael Ballack. Er presste "Troche" fest an seine Brust und strich ihm dabei anerkennend durchs Haar.

Trochowskis Nacht hatte in der 72. Minute des Länderspiels seinen absoluten Höhepunkt erreicht. Aus 18 Metern hatte er aus halblinker Position abgezogen. Danach hatte er den "Diver" gemacht, und fast alle Mitspieler lagen auf ihm. "Davon habe ich nichts mitbekommen, ich bin erst wieder so richtig zu mir gekommen, als wir zur Mittellinie zurückliefen", gab Piotr Trochowski zu. Freude pur.

Dann beschrieb er sein Tor, jenen Treffer, der ihn zum Mann dieser Nacht gemacht hatte: "Das Tor war richtig schön. Ich hatte es vorher im Spiel gegen Russland schon einige Male probiert, hatte auch gegen Wales kurz vorher eine Riesenchance, die ich versemmelt habe. Ich hatte mich eigentlich schon damit abgefunden, nie ein Tor zu machen. Und plötzlich treffe ich den Ball optimal. Mir war sofort klar, dass der Ball gut kommt."

Der kleine Hamburger mit dem großen "Bumms" kassierte ein Sonderlob von Oliver Kahn: "Piotr hat einen richtig fiesen Schuss, damit hat er mich früher schon beim Training des FC Bayern oft geärgert." Wieso aber schießt Trochowski so gefährlich? Und wieso schießt er mit links und rechts so hart und präzise?

"Ich trat ja erst mit zehn Jahren bei Billstedt-Horn ein, zuvor habe ich immer mit meinen Brüdern Slawomir, Arkadiusz und Christoph sowie meinem Vater Wieslaw Fußball gespielt. Alle haben sie mir immer wieder gesagt, dass ich auch mit links schießen muss - das habe ich trainiert", sagt "Troche".

Sein Aha-Erlebnis hatte er in einem Spiel der Hamburger Auswahl: der rechte Fuß war verletzt. "Also habe ich alles mit links gemacht - und es ging", erinnert sich der 24-Jährige, obwohl: "Das klappte nicht von Anfang an, ich musste schon intensiv trainieren, aber ich merkte, dass es immer besser wurde." Das war in der Jugend. Obwohl er zugibt: "Damals war das mit meiner Schusstechnik noch nicht so extrem gut wie heute. Allerdings war ich schon wegen meiner Schusskraft berüchtigt. . ."

Seine Trainer haben das immer gefördert. Beim FC Bayern, für den ihn der ehemalige Nationalspieler Wolfgang Dremmler vom FC St. Pauli nach München geholt hatte, spielte "Troche" bereits als 15-Jähriger - gemeinsam mit seinem heutigen Links-Partner aus der DFB-Auswahl, Philipp Lahm, und auch mit Bastian Schweinsteiger.

Von Bundestrainer Joachim Löw kassierte Trochowski am Ende des Tages ebenfalls Lob: "Er spielt in der Nationalmannschaft richtig gut, ist ein absoluter Leistungsträger geworden. Es ist schon imponierend, mit welcher Ballsicherheit er spielt, er hat enorm an Selbstvertrauen gewonnen."

Auch deshalb, weil HSV-Coach Martin Jol von Beginn an zu ihm stand - ganz im Gegensatz zu dessen Vorgänger Huub Stevens.

Die vielen Glückwünsche auf seiner Mailbox hörte Trochowski, dessen Familie nicht im Stadion war, übrigens erst am nächsten Morgen ab. Der HSV-Star war nach dem Bankett einfach zu müde. Nach einem Abend, an dem der kleine Piotr (1,69m) zum großen Helden wurde.