Seine Anspannung kann Fritz Sdunek (61) nicht verbergen. Wenn am Sonnabend (22.25 Uhr, RTL live) in der O2-World sein Schützling Vitali Klitschko...

Berlin. Seine Anspannung kann Fritz Sdunek (61) nicht verbergen. Wenn am Sonnabend (22.25 Uhr, RTL live) in der O2-World sein Schützling Vitali Klitschko gegen WBC-Schwergewichts-Weltmeister Samuel Peter antritt, ist das auch für den Cheftrainer ein ganz besonderer Moment, wie er dem Abendblatt verrät.


Abendblatt:

Herr Sdunek, Sie versprechen seit Wochen, dass Vitali nach zwei vergeblichen Comeback-Versuchen diesmal definitiv boxt. Was macht Sie so sicher?

Fritz Sdunek:

Weil wir diesmal eine Vorbereitung hatten, die so problemlos verlief wie selten. Vitali hat vor allem die therapeutischen Übungen viel zielgerichteter und bewusster ausgeführt. Deshalb bin ich mir sicher, dass er kämpft und siegt.



Abendblatt:

Sie arbeiten seit zwölf Jahren mit ihm. Was war anders in dieser Vorbereitung?

Sdunek:

Die größte Veränderung ist, dass Vitali viel mehr allein arbeitet, weil ich durch meinen Job bei Universum erst sechs Wochen vor dem Kampf mit ihm trainieren kann. Dazu habe ich eine Menge neuer Übungen einbauen müssen, um seinen Rücken zu schonen. So hat er erstmals harte Schwimm-Einheiten absolviert, und beim Berglaufen im Camp in den Alpen ist er nur hoch gelaufen und mit dem Rad runtergefahren, um Stauchungen des Rückens zu vermeiden.



Abendblatt:

Was kann ein 37 Jahre alter Athlet wie Vitali Klitschko denn noch verbessern?

Sdunek:

Man kann sich immer verbessern. Er muss zum Beispiel lernen, tiefer zu stehen und flüssiger zu boxen. Auch im Athletikbereich gibt es immer neue Reize. Das Gute ist ja, dass Vitali Neuem gegenüber immer offen ist, auch wenn er zunächst meckert. Aber wenn er merkt, dass es ihm gut tut, nimmt er es an.



Abendblatt:

Skeptiker sagen, ein so geschundener Körper wie der Vitalis könne solch harte Vorbereitungen nicht mehr verkraften.

Sdunek:

Im Gegenteil! Diese Vorbereitung hat Vitali stärker gemacht, weil sein Körper jetzt wieder bereit ist, sich auf Belastung einzustellen. Ich glaube auch nicht, dass die fast vier Jahre Pause ein Nachteil sind. Sein Körper konnte regenerieren, und weil er einen sehr gesunden Lebensstil pflegt, hat er auch nichts an Reflexen eingebüßt.



Abendblatt:

Vitali betont stets, die Motivation zur Rückkehr sei, gemeinsam mit seinem Bruder Wladimir, der IBF- und WBO-Champion ist, Weltmeister zu sein. Ist das wirklich der Grund?

Sdunek:

Definitiv. Davon träumen die beiden, seit sie boxen. Sie wollen Geschichte schreiben. Und ich gebe zu, dass das auch für mich etwas ganz Besonderes ist. Ein Teil davon sein zu dürfen, das macht mich schon stolz und auch sehr dankbar.



Abendblatt:

Vitali ist seit Jahren in die Politik seiner Heimat Ukraine involviert. Hat er tatsächlich die Zeit, quasi nebenbei Weltmeister zu sein?

Sdunek:

Absolut, die Konzentration auf den Sport ist trotz aller anderen Geschäfte noch da. Natürlich habe ich ihn im Camp dabei ertappt, wie er im Internet das politische Geschehen in Kiew verfolgt hat. Aber es ist kein Vergleich zu Dezember 2004, als in der Ukraine die orangene Revolution stattfand und er in Las Vegas den Kampf gegen Danny Williams vor der Brust hatte. Damals war er mit den Gedanken nur in Kiew, und Williams hat er trotzdem ausgeknockt. Deshalb mache ich mir keine Sorgen, wenn er mal an Politik denkt.



Abendblatt:

Was auffällt, ist seine neue Lockerheit im Umgang mit Medien, Fans und auch Gegnern.

Sdunek:

Das stimmt, er ist viel lockerer geworden, was bestimmt durch seine politischen Erfahrungen kommt. Ich habe das im Camp gesehen, als er mit seinem Sparringspartner Sherman Williams über die Präsidentenwahl in den USA diskutiert hat, diese neue Lockerheit hilft auch mir. Immer wenn ich mal ins Grübeln verfallen bin, hat er mich aufgemuntert und gesagt: "Fritz, mach dir keine Sorgen!"



Abendblatt:

Muss man sich Sorgen machen, dass er vielleicht zu locker ist und Peter unterschätzt?

Sdunek:

Niemals! Wer gesehen hat, wie Vitali seine Sparringspartner verschlissen hat, der weiß, wie ernst er den Kampf nimmt. Und Vitali ist ein Wettkampftyp, der ist im Ring immer noch schärfer als im Training.



Abendblatt:

Was ist denn der Schlüssel zum Sieg gegen Peter?

Sdunek:

Die Nervenstärke. Peter wird versuchen, den Kampf in den ersten Runden mit Gewalt zu beenden. Er wird viel halten, den Infight suchen und viel auf den Hinterkopf schlagen. Er ist sehr gefährlich, setzt sehr gut nach. Aber wenn Vitali da cool bleibt, wird er ihn ins Leere laufen lassen und dann die Fehler nutzen, die Peter macht, zum Beispiel über die fallende Rechte den linken Haken ins Ziel bringen. Und dann wird er gewinnen.



Abendblatt:

Und danach seine Karriere beenden?

Sdunek:

Nein, wenn er siegt, denke ich, dass er weitermacht. Über eine Niederlage haben wir nicht gesprochen.