Cheftrainer Jürgen Mallow hat einen Aufwärtstrend und mehr Selbstbewusstsein registriert.

Osaka. Die Rolle des akribischen WM-Buchhalters spielte Jürgen Mallow ausgesprochen gern. "Das ist eine richtig gute Bilanz", resümierte der Chefbundestrainer des Deutschen Leichtathletik- Verbandes (DLV) am Ende der 11. Weltmeisterschaften in Osaka. Mit sieben Medaillen, darunter zwei goldenen von Franka Dietzsch (Diskus) und Betty Heidler (Hammerwurf), wurde das WM-Ergebnis von 2005 um zwei Edelplaketten übertroffen. Außerdem erreichten von 55 an den Start gegangenen deutschen Athleten 34 die Finals (Platz 1 bis 12) und aus diesem Kreis 22 den Endkampf (1 bis 8). Nur zwölf schieden im Vorkampf aus. "Dies schaffen nicht mal die USA", so Mallow, der eine Fortsetzung des Aufwärtstrends sieht.

Ablesbar ist das auch in der Nationenwertung. Bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen erlebte der DLV mit nur 44 Punkten und Platz elf einen historischen Tiefpunkt. In Osaka konnte die Zahl auf 84 Punkte fast verdoppelt werden und Deutschland auf Rang fünf klettern. In der Dreiklassengesellschaft der Leichtathletik gehört der DLV laut Mallow zum Mittelbau: "Erst kommen die Großmächte USA und Russland, dann Kenia, Jamaika und wir." Die USA lagen mit 14 Gold-, vier Silber- und acht Bronzemedaillen klar an der Spitze vor Kenia (5-3-5) und Russland (4-9-3). Vor Deutschland (2-2-3) lag noch Äthiopien (3-1-0).

Ein Jahr vor den Olympischen Spielen in Peking gibt das gewachsene Leistungsvermögen im DLV Anlass zu Optimismus, aber nicht zu Übermut. "Dass wir bei der WM erfolgreich waren, ist keine Garantie für Peking. Da muss alles gut zusammenpassen", sagte Mallow, der die neue Selbstsicherheit der DLV-Athleten als wichtigen Faktor des Erfolges sieht. "Der DLV hat die Zeichen der Zeit erkannt und schafft selbstbewusste Athleten, die stark sind", so der 62-Jährige. "Wenn sie Elfmeter schießen müssten, würden sie viele verwandeln." Das war in der Vergangenheit nicht immer so. Die verstärkte psychologische Betreuung zahle sich aus.

Gelungen ist auch die nach Athen eingeleitete Verjüngung der Nationalmannschaft. "Wenn wir nach 2004 so weitergemacht hätten, wären wir ausgestorben", sagte Mallow. Junge Athleten wie der WM-Zweite Robert Harting (Diskus), Eike Onnen (Hochsprung), Christian Reif (Weitsprung) oder Linda Stahl (Speer) gehöre die Zukunft. "Dies werden die Gesichter der Zukunft und bei der WM 2009 in Berlin sein", sagte DLV-Präsident Clemens Prokop.

Achillesferse des Verbandes bleibt der Laufbereich. Sechs der gewonnenen WM-Medaillen gehen auf das Konto der Werfer, eine Bronzeplakette erkämpfte Stabhochspringer Danny Ecker. "Wir sind eine Werfer-Großmacht. Mit den Leistungen im Lauf kann man nicht zufrieden sein", stellte Prokop fest. Doch daran soll gearbeitet werden. "Wir geben den Lauf nicht auf", kündigte Mallow an. Im Sprint, im Marathon und beim Gehen seien positive Entwicklungen zu sehen. Und in Osaka hätten immerhin drei Staffeln das Finale erreicht. "Es gibt zwei Strategien: Da, wo die Konkurrenz stark ist, stark zu werden, oder man resigniert", sagte Mallow, "wir werden nicht resignieren."

Die Stars der WM kamen erneut aus den USA: Tyson Gay schaffte als zweiter Sprinter nach seinem Landsmann Maurice Greene (1999) das Tripel über 100, 200 und 4 x 100 Meter. Auch Kollegin Allyson Felix gewann dreimal Gold (200 Meter und beide Staffeln). "Das Leistungsniveau war phänomenal", lobte Lamine Diack (Senegal), der Präsident des Weltverbandes IAAF. "Ich freue mich, dass die schönsten Wettkämpfe die spannendsten Duelle waren und sie gezeigt haben: Wir brauchen keine Weltrekorde", sagte Helmut Digel (Tübingen), Präsdiumsmitglied der IAAF. Enttäuschend war nur der Publikumszuspruch. Die Hälfte des Stadions war meistens leer. Bei der Abschlussfeier übergaben die japanischen Organisatoren am Sonntagabend die Fahne der IAAF an die deutsche Hauptstadt Berlin.