OSAKA. Beim größten Doping-Testprogramm in der Geschichte der Leichtathletik ist vor dem Schlusstag der WM in Osaka nur eine Urinkontrolle in der A-Probe positiv ausgefallen. Das vermeintlich erfreuliche Resultat hat die Zweifel an der Wirksamkeit der Tests nicht beseitigt, sondern eher verstärkt. "Das bisherige Ergebnis von mehr als 1000 Tests zeigt, dass die Qualitität gesteigert werden müsste", sagte Jürgen Mallow, der Cheftrainer der deutschen Leichtathleten.

Der Weltverband IAAF gab seine vorläufige Bilanz bekannt, ohne Namen, Herkunft oder Disziplin des betroffenen Athleten zu nennen. Insgesamt seien 1095 Proben genommen worden, wobei die Ergebnisse erst von rund einem Drittel vorlägen. Die IAAF testete 961 Teilnehmer und nahm bei ihnen 108 Urinkontrollen im Vorfeld der Wettkämpfe, 477 nach den Konkurrenzen und 510 Blutkontrollen vor. Hierbei seien bei zehn Prozent auffällige Werte festgestellt worden, sagte IAAF-Medizinchef Juan Manuel Alonso. "Das sind weniger als 2005 in Helsinki. Bei den auffälligen Proben werden nun Epo-Nachtests vorgenommen", so Alonso.

Für DLV-Präsident Clemens Prokop ist auch dies ein Indiz für mangelnde Effektivität: "Die hohe Zahl der Auffälligkeiten zeigt, dass die Tests 14 Tage vorher erfolgen müssten. Dann wäre die Wahrscheinlichkeit höher, dass Sünder überführt werden."

Selbst IAAF-Antidoping-Direktor Gabriel Dolle hatte während der WM eingeräumt, dass negative Dopingproben in Osaka nicht bedeuten würden, dass alle Sportler sauber seien. "Wir sind nicht naiv. Wenn es keine positiven Tests gibt, heißt das nicht, dass keine Doper unterwegs sind", hatte Dolle erklärt.

Mallow und Prokop liegen bei ihrer Kritik auf einer Linie mit Werner Franke. Der Heidelberger Antidoping-Jäger hatte vor den Titelkämpfen gesagt, er erwarte die "schmutzigste WM seit Beginn der 90er-Jahre". Das Kontrollsystem der IAAF sei immer noch ineffektiv. Man müsse vor allem sechs bis zwei Wochen vor der WM Trainingstests vornehmen. Auch bei den Nachweisen werde gezielt betrogen, ergänzte Franke. Es herrsche keine "analytische Transparenz". Solange die Kontrolleure nicht unabhängig von den finanziellen Zuwendungen der Sportverbände seien, werde sich daran auch nichts ändern. Die Dopingfahndung sei zudem nicht gut genug organisiert. "Sobald ,intelligente Kontrollen' durchgeführt werden, wird immer was gefunden." So habe es eine Zielkontrolle einige Wochen vor der WM im Kaukasus bei den russischen Leichtathleten gegeben, und tatsächlich habe man zwei Hammerwerferinnen, darunter Weltrekordlerin Tatjana Lisenko, die immer schon durch Akne auffiel, des Dopings überführen können.