Kommentar

Nach vielen Monaten des Schweigens ist Jan Ullrich gestern ins Rampenlicht zurückgekehrt. Allerdings nur, um der Welt mitzuteilen, dass es den Radprofi Jan Ullrich nun nicht mehr gibt.

Über das Warum verlor der erste und einzige deutsche Sieger der legendären Tour de France sehr viele Worte, aufgeklärt hat er nur wenig. Der 33-Jährige bemühte sich nach Kräften, seinen Rücktritt nicht wie eine Flucht aussehen zu lassen. Wirklich gelungen ist ihm das nicht.

Noch immer stehen allzu viele Fragen im Raum, die unbeantwortet sind. Mit einem unvergleichlichen Rundumschlag hat er stattdessen Verbände, Gerichte und auch die Medien für ein Dilemma verantwortlich gemacht, in das er sich letztlich selbst hineinmanövrierte. Eben durch sein langes Schweigen und immer neue juristische Winkelzüge.

Der Fall Ullrich wirft unterdessen auch ein bezeichnendes Bild auf den Zustand jenes Rechtssystems, das Betrug im Sport angemessen und effektiv ahnden soll. Wenn Ullrich aber der einzige Profi von der ominösen Fuentes-Liste ist, der am Pranger steht, dann kann mit diesem System etwas nicht stimmen. Gleiches Recht für alle, im Radsport gilt dieser Grundsatz offenbar nicht. Nach dem bodenlosen Festina-Skandal bei der Tour de France 1998 wurde es versäumt, die entsprechenden Gesetze auf europäischer Ebene zu harmonisieren.

Ullrich, der mit seinen beispiellosen Erfolgen einen nie dagewesenen Radboom in Deutschland auslöste, hat den anhaltenden Spekulationen und Vorverurteilungen mit seinem Rückzug den Rücken gekehrt. Weil er aber selbst so wenig zur Aufklärung beitrug, war der Abgang umso bitterer.