Die “Blues“ aus London stehen nach dem 3:1-Triumph in Liverpool vorm Einzug ins Semifinale. DFB-Kapitän Michael Ballack appelliert, nicht zu früh zu feiern.

Liverpool. Obwohl Michael Ballack kurz zuvor seinem ersten internationalen Titel ein gewaltiges Stück näher gerückt war, wollte der Kapitän der deutschen Fußball-Nationalmannschaft dem Braten am Mittwochabend noch nicht recht trauen. "Es ist gefährlich, wenn man auswärts so ein gutes Ergebnis erziehlt. Der FC Liverpool kann sich in der Fremde in einen Rausch spielen", sagte der Mittelfeldstar des FC Chelsea nach dem 3:1 (1:1)-Sieg im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League beim Ligarivalen und englischen Rekordmeister.

Trotz dieser zurückhaltenden Einschätzung im Anschluss an den überraschenden Erfolg an der Anfield Road war sich Ballack über die hervorragende Ausgangsposition der "Blues" vor dem Rückspiel am Dienstag an der Stamford Bridge natürlich im Klaren. "Wir haben nun alle Trümpfe in der Hand", meinte der entspannt wirkende 32-Jährige am Mikrofon des Pay-TV-Senders Premiere.

Obwohl Ballack eine ordentliche Leistung abgeliefert hatte, wusste der Deutsche, wem der Ex-Meister in erster Linie den Sieg im neunten Champions-League-Duell der Traditionsvereine seit 2005 zu verdanken hatte. "Der Trainer hat ihn aufgestellt und dann macht er zwei Tore. Das ist Wahnsinn und sensationell für den Jungen", sagte Ballack über Matchwinner Branislav Ivanovic.

Der serbische Nationalspieler, der als "Notnagel" in die Viererkette gerückt war, erzielte seine ersten Tore (39./62.) für Chelsea und drehte die Partie, in der Liverpool durch Europameister Fernando Torres in Führung gegangen war (6.). Stürmerstar Didier Drogba sorgte nach einem von Ballack eingeleiteten Konter vor 42.000 Zuschauern für den Endstand (67.). Selbst die Gelbe Karte für Kapitän John Terry, der im Rückspiel gesperrt ist, störte da nicht weiter.

"Wir haben endlich das abgerufen, was in der Mannschaft steckt. Am Ende haben wir auch in der Höhe verdient gewonnen", sagte ein zufriedener Ballack, der mit Chelsea im vergangenen Jahr nach dem Halbfinal-Triumph über Liverpool das Finale im Elfmeterschießen gegen Manchester United verloren hatte und 2002 mit Bayer Leverkusen im Endspiel Real Madrid unterlegen war (1:2).

Der Erfolg des Ballack-Klubs, der in der Premier League auf dem dritten Platz liegt und beide Punktspiele gegen den Tabellenzweiten aus Liverpool verloren hatte, wurde von der englischen Presse als Wiederauferstehung eines großen Vereins gefeiert. "Das war die Rückkehr einer europäischen Fußball-Großmacht", titelte das größte Boulevardblatt The Sun und taufte die Anfield Road zu Ehren von Ivanovic in "Ivanfield" um.

Die Zeitung war es auch, die am Donnerstag bei Chelsea für Unruhe sorgte. Das Blatt berichtete, dass Carlo Ancelotti ab der kommenden Saison voraussichtlich die "Blues" trainieren wird. Der Coach des AC Mailand soll demnach Interimstrainer Guus Hiddink ablösen.

Eine Trainderdiskussion dürfte es in Liverpool trotz des drohenden Scheiterns in der Königsklasse nicht geben. Dennoch weiß Coach Rafael Benitez, dass die "Reds" ihr Heil nun in der Liga suchen müssen. "Wir sollten dieses Spiel so schnell wie möglich vergessen und uns auf die Partie gegen die Blackburn Rovers am Samstag konzentrieren", sagte der Spanier, dessen Team nur einen Punkt hinter Titelverteidiger Manchester United liegt.