Der Geschäftsführer kommt seiner Entlassung zuvor, bleibt aber trotz Manipulationsverdachts für den THW tätig.

Kiel. Die drei Herren in dunklen Anzügen, die da im Tagungsraum des Maritim-Hotels Bellevue in Richtung Podium schreiten, könnten genauso gut zu einem Trauerzug gehören, und vielleicht entspräche das sogar ihrer Gemütslage. Georg Wegner, der Sprecher der Gesellschafterversammlung des THW Kiel, Pressesprecher Björn Goos und der Beiratsvorsitzende Ulrich Rüther haben keinen Blick für das herrliche Panorama der Kieler Förde. Sie wollen zu den Perspektiven des deutschen Handballrekordmeisters Stellung nehmen, und die sehen in diesen Tagen des Manipulationsskandals ziemlich düster aus.

In ganzen drei Sätzen hat der THW auf einer Presseerklärung zusammengefasst, was bereits am Vorabend nach der Sitzung der Vereinsgremien durchgesickert war. Wenn auch nicht ganz zutreffend, wie Wegner gleich versichert. Nicht der THW habe Uwe Schwenker entlassen, der Geschäftsführer sei von sich aus zurückgetreten: "Es war kein Rausschmiss, die Trennung war einvernehmlich."

Und der Grund sei auch nicht der gegen Schwenker im Raum stehende Vorwurf, er habe Champions-League-Spiele durch Schiedsrichterbestechung manipuliert, darunter das Finale 2007. Auch nach Durchsicht der 1000 Seiten umfassenden Akten der Staatsanwaltschaft, die gegen Schwenker wegen Untreue ermittelt, hätten sich für die THW-Anwälte keine Beweise ergeben. Auch deckten sich die öffentlichen Äußerungen von HSV-Präsident Andreas Rudolph, der Schwenker in der Vorwoche stark belastet hatte, nicht mit seinen Aussagen vor den Ermittlern. Nein, der Schritt sei erfolgt, "um den überragenden Erfolg der Mannschaft nicht zu gefährden und den Verein vor weiterem Schaden zu bewahren".

Es gebe Indizien, das schon. Da sei eine Zahlung von 92 000 Euro an den Kroaten Nenad Volarevic, der dem THW dafür Spieler vermittelt haben will, die davon aber nichts wissen. Und da seien zwei Bargeldentnahmen von 40 000 und 20 000 Euro, deren Verbleib der Manager auf Anraten seines Rechtsbeistands am Montag nicht aufklären wollte. "Uwe Schwenker will erst den Abschluss des Ermittlungsverfahrens abwarten", sagt Wegner. Dafür habe er als Jurist Verständnis. "Aus arbeitsrechtlicher Sicht aber konnten wir diese Verweigerungshaltung nicht akzeptieren." Weshalb Schwenker mit seinem Rücktritt wohl nur seiner Entlassung zuvorgekommen ist. Er habe damit, wie Wegner sagt, "den Weg für einen Neuanfang freigemacht". Gleiches erwarte man nun auch von Finanzchef Günther Dittmer.

Es ist das unrühmliche Ende der erfolgreichsten Ära des deutschen Handballs. 1992 hatte Schwenker (50) nach Beendigung seiner aktiven Karriere den Posten des Geschäftsführers übernommen. 26 Titel hat der THW seither gewonnen, elfmal allein die deutsche Meisterschaft. Man hat den früheren Linksaußen wegen seiner Gerissenheit mit Uli Hoeneß verglichen. Wegner sagt: "Uwe Schwenkers Verdienste um den THW sind zu groß, als dass wir ihn jetzt fallen lassen wie einen faulen Apfel." Bis 30. Juni bleibt das Anstellungsverhältnis bestehen. Schwenkers Posten übernimmt kommissarisch Geschäftsstellenleiterin Sabine Holdorf-Schust. Zur nächsten Saison soll ein Nachfolger gefunden sein.

Schwenker werde so lange "mit Rat und Tat zur Verfügung stehen", betont Wegner. Selbst eine Weiterbeschäftigung über die Saison hinaus wird in Kiel nicht ausgeschlossen. Der Sport-Informations-Dienst will aus Vereinskreisen erfahren haben, dass man ihn sich als Sportchef in einer Doppelspitze neben einem kaufmännischen Leiter vorstellen könne. Für diesen Posten hat sich bereits Wolfgang Schwenke, scheidender Trainer der Rhein-Neckar Löwen, im "Mannheimer Morgen" ins Spiel gebracht.

So oder so: Für Schwenkers Zukunft scheint in Kiel gesorgt zu sein. Nebenbei leitet er das Bezirkskommissariat Kiel-Mitte von THW-Hauptsponsor Provinzial. Dessen Vorstandsvorsitzender Rüther hält es für denkbar, dass Schwenker nun wieder voll einsteigt - "wenn es ihm gelingt, die Verfehlungen auszuräumen". Die Geschäfte liefen schließlich gut. Praktischerweise hat das Versicherungsbüro die gleiche Adresse wie die THW-Geschäftsstelle.

Man hat es wohl nicht so genau genommen mit Schwenkers Geschäften in Kiel. Die Zahlen seien immer schwarz gewesen, die Bilanzen testiert. "Was hätten wir denn mehr tun sollen?", fragt Wegner. Er selbst hat die Ausgliederung des Spielbetriebs in eine GmbH einst erdacht, um den Verein zu professionalisieren. Dass der Manager, im Gespann mit dem langjährigen Trainer Zvonimir Serdarusic, offenbar schalten und walten konnte, wie er wollte, galt als Erfolgsmodell. Die vernachlässigte Aufsicht haben jetzt Staatsanwälte übernommen. Ihre Ermittlungen könnten sich laut Wegner noch Monate hinziehen, vielleicht sogar ein Jahr. Mit einem schweigenden Geschäftsführer Schwenker an der Spitze "wäre das nicht auszuhalten".

Man will schließlich auch mal wieder über Sport reden. Zum Beispiel darüber, dass Kiel gerade die beste Saison aller Zeiten spielt. "Ich gehe davon aus, dass wir auch nach der nächsten Saison noch vor dem HSV stehen", sagt Wegner ungefragt. Es wird an diesem Vormittag das einzige Mal bleiben, dass er lächelt.