Am Freitagabend (22.15 Uhr, ProSieben live) wartet auf Deutschlands Boxfans ein hochklassiger Frauenkampf. In der Sporthalle Hamburg verteidigt Fliegengewichts-Weltmeisterin Susi Kentikian (21) ihre WM-Titel gegen die US-Amerikanerin Elena Reid (27). Das Abendblatt traf auf der offiziellen Pressekonferenz eine hoch motivierte Herausforderin. Bilder von der starken Susi und ihrer Kontrahentin.

Abendblatt:

Frau Reid, Sie sind Deutschlands Boxfans bekannt durch Ihre Duelle mit der inzwischen zurückgetretenen Regina Halmich, gegen die Sie im September 2004 ein Remis holten und den Rückkampf im Dezember 2005 knapp verloren. Sie fühlten sich in beiden Fights um den Sieg betrogen. Wieso trauen Sie sich ein drittes Mal nach Deutschland?

Reid:

Weil ich immer noch Vertrauen in die Fairness und Sauberkeit meines Sports habe. Natürlich bin ich mir bewusst, dass ich eine optimale Leistung bringen muss, um am Freitag nach Punkten zu gewinnen. Aber wenn ich mein Konzept umsetzen werde, dann haben die Punktrichter keine Wahl und müssen mir den Sieg geben.



Abendblatt:

Wie ist denn Ihr Konzept?

Reid:

Ich muss Susi, deren Weg ich seit Jahren verfolge und die ich sehr schätze, auf Distanz halten. Wenn sie in den Infight kommt, wird es schwer, sie unter Kontrolle zu halten. Aber wenn ich es schaffe, sie von mir fern zu halten, dann kann ich sie auspunkten.



Abendblatt:

Stimmt es, dass Sie in Ihrem Trainingscamp in Las Vegas ausschließlich mit Männern Sparring gemacht haben?

Reid:

Das stimmt, und deshalb war es auch das härteste Camp, das ich je erlebt habe. Ich war sieben Wochen lang weg von meiner Familie und meinem Freund, die alle in Phoenix leben. Das war fast wie ein Gefängnis. Aber ich lebe für meinen Sport, deshalb habe ich diese Entbehrungen auf mich genommen.



Abendblatt:

Sie leben für den Sport, können davon aber kaum leben. Haben Sie deshalb auch eine zweite Laufbahn im Freefight, den Mixed Martial Arts, begonnen?

Reid:

Ja, das war der Grund dafür. Ich bekomme als Boxerin in den USA keinen Respekt, es gibt keine Gegnerinnen und keine Kämpfe. Mixed Martial Arts ist deshalb lukrativ für mich. Dort bekommt man ordentliches Geld und vor allem Anerkennung. Am 11. April habe ich in Las Vegas meinen dritten MMA-Kampf geplant. Das heißt, dass ich nach dem Kentikian-Kampf nur kurz nach Hause fliege und dann sofort wieder ins Training einsteige. Das ist zwar hart, aber ich bin andererseits auch froh, dass ich immer wieder die Chance bekomme, in Deutschland zu boxen. Deshalb stand für mich nie außer Frage, beide Kämpfe anzunehmen.



Abendblatt:

Die beiden Fights gegen Halmich haben Sie im Frauenboxen bekannt gemacht. Waren das Ihre besten Kämpfe?

Reid:

Ich denke eher, dass es die wichtigsten waren. Gute Kämpfe hatte ich danach auch noch, vor allem der gegen Mary Ortega im August 2006 war eine echte Schlacht. Aber durch die Halmich-Kämpfe bin ich bekannt geworden.



Abendblatt:

Sie wirkten nach den Niederlagen wie ein gebrochener Mensch. Wie lange brauchten Sie, um das zu verarbeiten?

Reid:

Lange, das war vor allem mental sehr hart. Ich vergleiche die Niederlagen immer mit dem Gefühl, mit einem Freund Schluss zu machen. Aber ich muss auch sagen, dass ich dadurch viel gelernt habe. Ich weiß jetzt, dass ich solche Tiefen überstehen kann, und ich weiß, welchen Stellenwert das Boxen für mein Leben hat. Insofern bin ich dankbar für die Erfahrungen.



Abendblatt:

In Deutschland sagt man: Aller guten Dinge sind drei. Glauben Sie an Ihren Sieg?

Reid:

Wenn ich das nicht täte, dürfte ich nicht hier sein. Es wird schwer, aber ich bin, anders als gegen Halmich, diesmal die Ältere, die Erfahrenere, und das wird sich auszahlen. Ich siege wenn es sein muss, auch nach Punkten.