Susi Kentikian bleibt weiterhin Weltmeisterin im Fliegengewicht. Die 21-Jährige hatte mit Elena Reid aus den USA keine Probleme und siegte einstimmig nach Punkten. Der erhoffte K.o. blieb jedoch aus. Sebastian Zbik verteidigte seinen Interkontinental-Titel, Schwergewichtler Sebastian Köber schaffte einen vorzeitigen Sieg.

Es sollte der härteste Kampf ihrer Karriere werden. Doch wer Susi Kentikian am Freitagabend in der Sporthalle Hamburg nach dem Duell mit Elena Reid in der Umkleidekabine sitzen sah, der hätte nicht glauben mögen, dass die 21 Jahre alte Fliegengewichts-Weltmeisterin aus dem Hamburger Profiboxstall Spotlight überhaupt schon ihrer Arbeit nachgekommen war. Das Gesicht wies keinerlei Schwellungen auf, lediglich der rechte Arm schmerzte nach einem Zusammenprall mit ihrer Kontrahentin ein wenig. Und so konnte die gebürtige Armenierin, die seit Sommer 2008 den deutschen Pass besitzt, nach zehn einseitigen Runden gegen die 27 Jahre alte US-Amerikanerin zufrieden feststellen, dass eigentlich alles nach Plan gelaufen war.

"Ich habe es durch meine Schnelligkeit und den ständigen Druck geschafft, immer wieder in den Infight zu kommen und sie klar zu treffen", sagte Kentikian, die ihren 24. Sieg im 24. Profikampf vor 3800 Zuschauern einstimmig (100:90, 100:90, 100:91) erkämpfte. Vollends zufrieden war sie trotzdem nicht. "Ich habe versucht, den K.o. zu erzwingen. Das war nicht clever, denn dadurch bin ich manchmal etwas verkrampft", sagte Kentikian. Trainer Magomed Schaburow sagte: "Zu einer perfekten Leistung hat nur noch ein kleines Stück gefehlt. Daran arbeiten wir." Bei aller Hochachtung vor der taktisch und technisch hochklassigen Vorstellung Kentikians musste man jedoch auch konstatieren, dass Reid, die im September 2004 gegen die im November 2007 zurückgetretene "Box-Queen" Regina Halmich ein Unentschieden erreicht und den Rückkampf im Dezember 2005 nur knapp nach Punkten verloren hatte, eine indiskutable Leistung zeigte und an die Vorstellungen gegen Halmich in keiner Phase anknüpfen konnte.

"Ich wusste, dass es ein harter Kampf werden würde, hätte aber von mir selbst mehr erwartet. Ich habe nicht clever geboxt und meine Taktik, Susi auf Distanz zu halten, zu keiner Phase durchsetzen können", sagte die US-Amerikanerin, die ihre taktischen Unzulänglichkeiten damit erklärte, sich wegen eines kurzfristigen Trainerwechsels wochenlang allein vorbereitet zu haben. Halmich, die als Expertin für den live übertragenden Privatsender Pro Sieben am Ring saß, riet ihrer Rivalin von einst, die Karriere zu beenden. "Ich war erschrocken über Elenas Leistung. Da war keine Deckung, keine Taktik, keine Power mehr da. Sie ist nur noch ein Schatten ihrer selbst und hat einige harte Kämpfe zu viel gemacht", sagte die 32-Jährige. Kentikians Promoter, Spotlight-Chef Dietmar Poszwa hat nun ein Problem: Die passenden Gegnerinnen gehen ihm aus. "Es wird sicherlich immer schwieriger, Gegnerinnen zu finden, die mit Susi mithalten können. Es war heute ihre beste Leistung, seit sie Profi ist. Elena Reid hat eine richtige Prügelstrafe bekommen. Auch wenn sie nicht mehr die Alte war, muss man sie erst einmal so klar beherrschen."

Poszwa will sich auf der Suche nach passenden Gegnerinnen für die "Killer Queen" nun auch in anderen Gewichtsklassen umschauen. "Elena Reid war im Fliegengewicht definitiv der beste Name, und sie ist auch eine der besten Boxerinnen, die Susi als Gegnerin haben kann. Deshalb werden wir nun schauen, ob es die Möglichkeit gibt, auch mal eine Gewichtsklasse höher anzugreifen", sagte er. Ein Datum für die nächste Titelverteidigung steht noch nicht fest.

Zunächst reist die 1,53 m kleine Hamburgerin am 27. März für zwei Wochen in die USA, um ihren Großvater in Los Angeles zu besuchen. "Ich lasse mich überraschen, was danach kommt. Mein Promoter wird schon das Richtige für mich finden", sagte sie.

Dieses Vertrauen hat auch Sebastian Zbik in seinen Promoter. Der 27 Jahre alte Mittelgewichtsprofi aus Neubrandenburg, der in nun 26 Profikämpfen unbesiegt ist, verteidigte seinen WBO-Interkontinental-Titel gegen den Spanier Ruben Varon (29), indem er diesen mit einem astreinen Leberhaken in Runde vier ausknockte. Zbik, der ebenfalls bei Spotlight unter Vertrag steht und in den Ranglisten von WBO, WBA und WBC unter den Top drei steht, hofft nun auf eine WM-Chance bis Jahresende. "Ich brauche keine lange Pause, sondern bin bereit für den nächsten Kampf", sagte er.

Da die drei Weltmeister WBO/WBC-Doppelchampion Kelly Pavlik (USA), der beim Berliner Sauerland-Team unter Vertrag stehende Arthur Abraham (IBF) und der für Spotlight-Mutter Universum boxende Felix Sturm (WBA) - allesamt andere Kämpfe in Planung haben, muss Zbik auf einen WM-Kampf weiter warten. "Bis Jahresende ist aber etwas möglich, und bis dahin wird Sebastian Kämpfe bekommen, die ihn in der Welt bekannter machen", so Poszwa. Ein deutsch-deutsches Duell mit Sebastian Sylvester (Sauerland), das bereits für die Hamburg-Veranstaltung geplant war, wird es jedoch nicht geben. "Sylvester hatte seine Chance, er hat gekniffen und ist jetzt kein Thema mehr. Zbik braucht größere Herausforderungen", so Poszwa.

Ob Schwergewichtler Sebastian Köber diese meistern kann, ist auch nach Freitagabend weiter fraglich. Zwar fügte der 29-Jährige aus Frankfurt an der Oder, der im 18. Profikampf unbesiegt blieb, dem Kameruner Jean-Claude Bikoi nach 1:02 Minuten der zehnten Runde per rechtem Kinnhaken die zweite vorzeitige Niederlage der Karriere zu, zeigte dabei jedoch erneut nur eine durchschnittliche Leistung. "Sebastian hat stark begonnen und stark abgeschlossen, aber dazwischen einige Runden gehabt, die ich lieber vergessen möchte. Er hat sich zu oft treffen lassen. Gegen stärkere Gegner geht so etwas nicht gut", sagte Poszwa.

Köber selbst konnte die Kritik nur teilweise nachvollziehen. "Ich bin teilweise zu fest gewesen, aber ich habe gelernt, dass es nichts nützt, den K.o. erzwingen zu wollen. Am Ende war die Lockerheit zurück, und dann kam der K.o. von selbst", sagte er. Trainer Walentin Silaghi lobte seinen Schützling gar für "die beste Leistung, seit er Profi ist". So verschieden können die Sichtweisen eben manchmal sein.