Für die vermeintlichen Kreativspieler Filip Trojan und Alexander Ludwig brechen beim FC St. Pauli schwere Zeiten an. Beim 3:2-Sieg gegen Rostock wurden sie beim Stand von 0:2 in der Pause ausgewechselt - ihre Position in Sachen Vertragsverhandlungen hat sich verändert.

Hamburg. Holger Stanislawski hatte keine Lust mehr auf große Erklärungen. Gerade mal 15 Sekunden brauchte St. Paulis Trainer in der Halbzeitpause am Freitag, um in der Kabine seine Enttäuschung über den 0:2-Rückstand gegen Hansa Rostock lautstark kundzutun. Weitere 15 Sekunden vergingen, in denen er auf der Taktiktafel die Auswechslungen für den zweiten Durchgang schrieb. Dann machte sich der Coach auf den Weg zurück zu seiner Trainerbank - und hinterließ sichtlich beeindruckte Profis. Die konnten nicht glauben, was gerade passiert war. Denn Stanislawski hatte bekannt gegeben, dass neben Abräumer Timo Schultz auch die seit Wochen schwächelnden Kreativspieler Alexander Ludwig und Filip Trojan duschen durften. Drei Auswechslungen nach 45 Minuten - das hatte Stanislawski in dieser Saison noch nicht gewagt.

Das Ende dieser Episode ist bekannt. Die neu eingewechselten Björn Brunnemann, Florian Bruns und Rouwen Hennings sorgten für neuen Schwung, St. Pauli drehte das zuvor bereits verloren geglaubte Spiel und gewann am Ende mit 3:2. Ein Sieg, der neben vielen Gewinnern vor allem zwei prominente Verlierer offenbarte: Ludwig und Trojan. "Das war heute nicht der Tag von Alex und Filip", sagte Stanislawski, dessen Geduld mit seinen einstigen Leistungsträgern aufgebraucht scheint. "Bis zum 30. Juni werde ich jeden meiner Spieler schützen, der bei uns unter Vertrag ist", versuchte Stanislawski zwar seinen Verdruss über Trojans und Ludwigs zögerliche Haltung auf und abseits des Platzes zu relativieren, doch längst ist klar, dass ihn die sich hinziehenden Vertragsverhandlungen und die damit verbundenen Leistungsschwankungen der Beiden maßlos ärgern.

Ursprünglich bis zum Beginn der Rückrunde wollten Stanislawski und Sportchef Helmut Schulte Klarheit über die Zukunft der am Saisonende ablösefreien Ludwig und Trojan haben. Trojan wurde ein Vertragsangebot vorgelegt, bei dem der FC St. Pauli finanziell an seine Grenzen ging. Und auch Ludwig erhielt die Offerte, nach welcher der Mittelfeldmann drei Jahre lang ein üppiges Salär erhalten würde. Doch weder den Tschechen noch den gebürtigen Thüringer schienen die vorgelegten Arbeitspapiere zu überzeugen. Während Trojan zu verstehen gab, dass er abwarten wolle, ob nicht doch noch ein Bundesligaklub anfragt, präsentierte Ludwig ein Gegenangebot, dessen Zahlen bei St. Paulis Verantwortlichen ungläubiges Kopfschütteln auslösten. Die Vorstellungen liegen so weit auseinander, dass ein Abschied am Saisonende immer wahrscheinlicher wird. Und auch Trojans Weggang scheint von Tag zu Tag näher zu rücken.

Trojans Berater Wolfgang Vöge gibt auf Anfrage des Abendblatts an, dass sein Mandat sich nicht unter Druck setzen lassen und weiterhin abwarten wolle: "Wir haben keine Eile. Wenn nötig, warten wir bis nach dem letzten Spieltag." Dabei dürfte auch Vöge nicht entgangen sein, dass St. Paulis einstiger Publikumsliebling mit seinen derzeitigen Leistungen potenzielle Interessenten aus der Bundesliga abgeschreckt hat - inklusive Energie Cottbus' Co-Trainer Franklin Bitencourt, der sich Freitag persönlich am Millerntor von Trojans aktuellen Leistungsstand ein Bild machen konnte.

Dass es auch anders geht, bewiesen gegen Rostock die drei von Stanislawski zur zweiten Halbzeit eingewechselten Profis. Denn sowohl Brunnemanns als auch Bruns' und Hennings' Zukunft beim Kiezklub ist noch ungewiss. Durch Auftritte wie gegen Hansa kann das Trio seine Ausgangslage bei Verhandlungen aber Stück für Stück verbessern. Zumal alle bereits erklärten, sehr gerne am Millerntor bleiben zu wollen.