Mit 3:6 und 6:7 musste sich die Kielerin gegen Sara Errani geschlagen geben. Federer und Djokovic kämpften sich gegen starke Gegner zurück.

Paris. Als der Traum vom Halbfinale geplatzt war, blickte Angelique Kerber müde über den Court Suzanne Lenglen. Es war nicht die 3:6, 6:7 (2:7)-Niederlage gegen die Italienerin Sara Errani im Viertelfinale der French Open, die der Kielerin zu schaffen machte. 1:39 Stunden standen sich die Kontrahentinnen gegenüber, das steckt Kerber weg. Als Frontfrau und Alleinunterhalterin im deutschen Tennis muss die 24-Jährige aber noch lernen, mit dem Druck umzugehen, den alle Generationen nach Steffi Graf und Boris Becker aushalten müssen.

„Ich bin jetzt einfach leer“, sagte Kerber: „Ich brauche ein paar Tage Pause. Das war zuletzt alles sehr viel für mich.“ 46 Matches hatte sie bis zu ihrem ersten Viertelfinale in Roland Garros in diesem Jahr bereits absolviert. Das 47. war eines zu viel.

Damit bleibt Steffi Graf die letzte deutsche Siegerin beim wichtigsten Sandplatzturnier der Welt. Die 22-malige Grand-Slam-Siegerin gewann vor 25 Jahren ihr erstes und 1999 das letzte Major auf der Anlage am Bois de Boulogne. Auch Anke Huber (1993), Claudia Kohde-Kilsch (1985), Sylvia Hanika (1981) und Helga Masthoff (1970 und 1974) hatten in der Open Era in Paris die Runde der letzten Vier erreicht, Hanika kam sogar ins Endspiel.

Errani trifft im ersten Grand-Slam-Halbfinale ihrer Karriere auf US-Open-Siegerin Sam Stosur (Australien/Nr. 6). Sie feierte zudem ihren ersten Sieg über eine Top-Ten-Spielerin im 29. Duell. Kerber gab sich trotz aller Enttäuschung über das Aus als faire Verliererin: „Sie hat unglaublich gespielt.“

Die deutsche Nummer eins wurde von der zähen Italienerin mit ihren eigenen Waffen geschlagen. Zum ersten Mal im Verlauf des mit 17,2 Millionen Euro dotierten Turniers musste die Linkshänderin agieren. Kerber rückte näher an die Grundlinie und versuchte das Spiel zu beschleunigen. Errani verteidigte, wie es Kerber in den Runden zuvor getan hatte, und konterte präzise aus der Defensive.

Kerber kämpfte gegen die ein Jahr ältere Errani, die in diesem Jahr bereits in Acapulco, Barcelona und Budapest auf Sand triumphieren konnte, gewohnt verbissen. Doch wirkte Kerber nach den vielen Spielen dieser Saison ausgelaugt.

„Es ist eigentlich unglaublich, welche Zähigkeit sie im Moment auf dem Platz hat, welche Widerstandskraft. Denn sie ist schon deutlich gerädert von dem Programm, was sie in den letzten Monaten gespielt hat“, hatte Bundestrainerin Barbara Rittner vor dem Viertelfinale dem Online-Magazin tennisnet.com gesagt.

Bereits ihr erstes Aufschlagspiel musste Kerber im ersten Durchgang abgeben, ein denkbar schlechter Start für die US-Open-Halbfinalistin des vergangenen Jahres. Kerber blieb zwar in Reichweite, peitschte sich mit langgezogenen „Come-on“-Rufen nach vorne, konnte sich allerdings zunächst keinen Breakball erspielen. Beim Stand von 3:5 gab sie ihren Aufschlag erneut ab und verlor damit Satz eins.

Im zweiten Durchgang ging Kerber viermal mit einem Break in Führung, schlug zweimal zum Satzausgleich auf und vergab zwei Satzbälle. Doch an diesem Tag erwies sich Errani als widerstandsfähiger und verwandelte im Tie-Break ihren ersten Matchball zum größten Erfolg ihrer Laufbahn. „In den entscheidenden Momenten war ich heute zu defensiv. Das werde ich mitnehmen und daran arbeiten, obwohl ich auch schon gezeigt habe, dass ich mutig meine Chancen nutzen kann“, sagte Kerber.

Trotz der Niederlage war es für Kerber die beste Sandplatzsaison ihrer Karriere. Noch im vergangenen Jahr hatte sie beim zweiten Grand-Slam-Turnier des Jahres in der ersten Runde eine bittere Niederlage gegen die harmlose Rumänin Edina Gallovits einstecken müssen und hatte daraufhin selbst an sich gezweifelt.

Keine Zweifel, trotz Rückstand, hegten die Mitfavoriten Novak Djokovic und Roger Federer, die nun im Halbfinale in der Neuauflage des vergangenen Jahres aufeinandertreffen. Der serbische Weltranglistenerste wahrte nach dem 6:1, 5:7, 5:7, 7:6 (8:6), 6:1 gegen Jo-Wilfried Tsonga (Frankreich/Nr. 5) die Chance, seinen vierten Grand-Slam-Titel in Serie zu gewinnen. Djokovic wehrte im vierten Satz sogar vier Matchbälle ab.

Auch der Weltranglistendritte Federer wackelte gegen Juan Martin Del Potro bedenklich und lag 0:2 Sätze zurück. Doch der Schweizer drehte die Begegnung gegen den sichtlich mit Knieproblemen kämpfenden Argentinier und gewann 3:6, 6:7 (4:7), 6:2, 6:0, 6:3. Mit seiner 31. Halbfinalteilnahme bei einem der vier Majors egalisierte Federer einen weiteren Rekord des Altmeisters Jimmy Connors aus den USA.

Mit Material von sid