Der Frühling ist da. Ein guter Moment für einen Kurzurlaub auf der Halbinsel Schwansen, dem stillen Flecken zwischen Ostsee und der Schlei.

Die langen Strahlen der Frühlingssonne streifen über den Sand, die Ostsee glänzt milde. Ein Mittfünfziger, dick eingepackt in einen dunkelblauen, wetterfesten Anzug, wirft seine Angel weit aus, legt die Stirn in Falten und lässt seinen Blick über das Meer wandern.

"Ob sich das Angeln hier lohnt?", wiederholt er meine Frage. "Natürlich", murmelt er in leisem Ton, ganz so, als wolle er eigentlich nichts verraten über die offensichtlich guten Bedingungen hier in Schönhagen. "Wegen der Meerforellen", sagt er aber dann doch noch. "Manchmal beißen sogar richtig dicke Dinger."

Richtig dicke Dinger, das sind solche, die über einen Meter lang sind, meint der grauhaarige Angler, der in Schönhagen gerade ein paar Tage Urlaub macht, "manchmal bringt so ein Fang mehr als zehn Kilogramm auf die Waage." Für diese wohlschmeckenden, torpedoförmigen Meerforellen ist die Gegend bekannt, daher haben sich auch trotz der noch niedrigen Temperaturen alle paar Meter Angler in Position gebracht.

Doch Schönhagen ist nicht nur für Freunde des Fischfangs eine Reise wert. Wer sich hier einquartiert, etwa in einem der bunten, hölzernen Ferienhäuser, die nur einen Steinwurf vom Strand entfernt stehen, dem liegt eine besondere Gegend zu Füßen: die Halbinsel Schwansen, in deren Westen sich die Schlei tief ins Land gräbt und in deren Osten die Ostsee an Land schwappt - mal an sanfte Strände und mal an steile Küsten. Dazu gibt es kleine zauberhafte Orte und verträumte Städte - Kappeln und Eckernförde zum Beispiel.

+++Der räuchernde Fischkönig von Kappeln+++

Zuerst aber gilt es, die Umgebung von Schönhagen kennenzulernen, den Strand, der immer wieder durch schmale, schwarze Buhnen unterbrochen ist. Und die Gegend südwärts, wo sich das Land erhebt und zur Steilküste auswächst, bis zu 15 Meter hoch. "Sie verändert sich ständig", heißt es in der Tourismusinformation Schönhagen auf Nachfrage, "die zum Teil schweren Herbststürme lassen sogar immer wieder Wander- und Fahrradwege verschwinden."

Wer von Schönhagen aus Richtung Süden fährt, der sieht, wie sich das Land sanft und in zartem Frühlingsgrün bis zum Horizont wellt, hin und wieder ducken sich Gutshäuser in die stille Landschaft, irgendwann liegen die Bausünden von Damp vor einem, dahinter der kilometerlange Strand. Südlich der Retortensiedlung, in der Höhe von Klein-Waabs, befindet sich dann das zweite wunderschöne Stück Steilküste.

Ganz im Süden der Halbinsel Schwansen liegt Eckernförde, ein 22 000-Seelen-Städtchen, für dessen Besuch es eine ganze Reihe guter Gründe gibt. Der erste: Hier, im fast 100-jährigen Geschäft Rehbehn & Kruse, kann man die besten Fischbrötchen weit und breit kaufen. Und dann? Schlendert man am besten über die Promenade und am kleinen Hafen entlang, der aussieht wie aus einem norddeutschen Urlaubsprospekt. Und lauscht den Fischern, wie sie ihren frischen Fang feilbieten: Butt, kugelrunde Seehasen und natürlich Meerforellen.

+++Klönen, naschen, feilschen+++

Ein weiterer Grund für Eckernförde: der wahrscheinlich schönste Kaffee-Platz der gesamten Ostseeküste. Pünktlich zum Nachmittagskäffchen schiebt sich die frühlingswarme Sonne durch die Wolken, leise Wellen plätschern an Land und in den Strandkörben auf der Caféterrasse rekeln sich die ersten Gäste. "Sie müssen unbedingt noch einen Blick auf unsere Ausstellung werfen", unterbricht die nette Bedienung manch trägen Gedanken.

Die Ausstellung? Das, wovon die Rede ist, befindet sich im dahinter liegenden Ostsee Info-Center und widmet sich den schwimmenden Bewohnern des größten Brackwassermeeres der Erde. "Die Ostsee hat einen Haufen Probleme", sagt Sandra Piotraskia, Meeresbiologin im Ostsee Info-Center, "sie gilt als eines der am stärksten verschmutzten Meere - dennoch gibt es aber immer noch vieles zu sehen."

Ein Blick ins Schaubecken zeigt Stichlinge und Heringe, Meerforellen, Schollen und Seeteufel. Im Streichelbecken lassen sich Dutzende Seesterne und Flundern befühlen, ein Aal, ein großer Butt und Heerscharen von Krebsen. Darf man das? "Das macht ihnen nichts", beruhigt Sandra Piotraskia ihre zumeist kleinen Gäste, wenn sie sie unsicher anschauen, "solange man die Tiere vorsichtig anfasst und sie im Wasser belässt." Sie ist sichtlich begeistert von der Ostsee und ihren Lebewesen, plaudert weiter, zum Beispiel über den nur eine Saison andauernden Lebenszyklus der Ohrenqualle. "Ohrenquallen sind die Lebewesen mit dem stärksten Größenzuwachs, sie bestehen ja auch fast nur aus Wasser."

Doch es gibt noch weit mehr auf und neben Schwansen als Eckernförde und Ohrenquallen. Kappeln zum Beispiel, das kleine Schleistädtchen mit seiner Klappbrücke. Schleswig natürlich. Arnis, die kleinste Stadt Deutschlands, deren grob gepflasterte Straße durch Kopfweiden und kleine, postkartenschöne Häuschen gesäumt ist. Und natürlich die Schlei selbst, der Meeresarm, der sich wie ein riesiger Finger tief ins schleswig-holsteinische Land hineingräbt.

Zurück in Schönhagen, das eigentlich nicht viel mehr ist als ein kleines Dorf, nichts gegen Kappeln und Damp, schon gar nichts gegen Eckernförde, nur ein paar Häuser stehen hier im Wind und ein altes Schloss, in dem heute eine Reha-Klinik untergebracht ist. Doch Schönhagen ist ein idealer Ausgangspunkt, um die Halbinsel zu erkunden, die jetzt, zu Ostern, aus ihrem langen Winterschlaf erwacht. Es kehrt wieder Leben ein in den Dörfern und Städtchen, jetzt werden überall die Strandkörbe aufgestellt.

Und jetzt beißen auch die Meerforellen am besten.