Fast zwei Jahre Dauerkrise: Touristen haben Angst vor strikteren Regeln der Islamisten. Die Wirtschaft stöhnt unter den Folgen der Revolution

Ein Besuch bei Ägyptens weltbekannten Pyramiden kann zu einer beängstigenden Angelegenheit werden, vor allem in jüngster Zeit. Junge Männer fangen Autos mit Ausländern ab, schon bevor sie die jahrtausendealten Weltwunder erreichen, schlagen auf Motorhauben und Türen, schwingen bedrohlich Stöcke und Peitschen - alles, um Urlauber zu einem Kamelritt zu bewegen oder ein Trinkgeld einzuheimsen. Zimperlich waren Ägyptens Touristenschlepper nie. Aber nach fast zwei Jahren Dauerkrise im Fremdenverkehr bricht immer häufiger nackte Verzweiflung bei ihnen durch.

Im Dezember, traditionell eigentlich der Beginn der Hochsaison, traf die Branche ein neuer Schlag. Fernsehbilder von Zusammenstößen und Gewalt in Kairo im Ringen um die neue Verfassung schreckten viele Urlauber ab. Um 40 Prozent seien die Ankünfte im Vergleich zum November eingebrochen, heißt es von den ägyptischen Flughafenbehörden.

2011 war die Zahl der Touristen auf 9,8 Millionen eingebrochen, nach 14,7 Millionen im Vorjahr. Der Umsatz schrumpfte um 30 Prozent auf umgerechnet 6,7 Milliarden Euro. Der Fremdenverkehr ist einer wichtigsten wirtschaftlichen Stützpfeiler des Landes am Nil, das auch sonst unter einer schweren Konjunktur- und Strukturkrise ächzt. So ist die Zahl der Menschen, die mit weniger als einem Dollar am Tag auskommen müssen, laut Regierungsangaben 2011 auf 25 Prozent geklettert. Über die vergangenen beiden Jahre haben sich die Devisenreserven mangels Urlauber und ausländischer Direktinvestitionen mehr als halbiert, auf rund 15 Milliarden Dollar.

Es klang kaum vertrauenerweckend, als Präsident Mursi am Mittwoch im Fernsehen erklärte: "Ich werde mein Bestes tun, die Wirtschaft in Schwung zu bringen, die mit großen Herausforderungen zu kämpfen hat." Große Hoffnungen hegt man in Ägyptens Touristenzentren nicht. Angst herrscht besonders vor neuen Zusammenstößen zwischen Anhängern und Gegnern Mursis. Sorge bereitet zudem, die Islamisten könnten Maßnahmen durchsetzen, die Urlauber vergraulen, wie etwa Alkoholverbote oder strikte Kleiderordnungen.

Mursis Muslimbrüder halten sich bedeckt, ob Touristen künftig mit Verboten und strikteren Regeln konfrontiert werden. Die ultrakonservativen Salafisten sind da direkter. "Wir heißen Urlauber willkommen, aber wir sagen ihnen, dass es Traditionen und einen Glauben in diesem Land gibt, die respektiert werden müssen", sagte unlängst ein Salafisten-Sprecher.

Zu allem Überfluss verschrecken wachsende Gesetzlosigkeit und die Aggressivität der Touristenschlepper und Verkäufer die Urlauber. "Wir hatten schon vor der Revolution damit zu kämpfen, aber jetzt ist die Lage völlig außer Kontrolle", sagt ein Tourismusmanager.