Der Norden bietet eines der großartigsten Wildnis-Erlebnisse. Wer nach der Regenzeit die überfluteten Auen per Boot erkundet, trifft auf Krokodile und viele Vögel.

Menschenleer ist diese Landschaft. Doch alleine, nein, alleine ist man hier nicht. Grillen zirpen, Frösche quaken, Gänse schnattern, Fischadler kreischen, Büffel grunzen, und ein Waran raschelt im trockenen Laub. Eine Vielfalt an Klängen bietet die Natur zur abendlichen Unterhaltung, dann wenn sich die Sonne über einem Meer aus Schilf feuerrot ausblendet. Zum Sundowner im luftigen Camp gibt es dazu nicht nur eisgekühlten Chardonnay, sondern auch Kanapees, eine kleine Raffinesse mit Jakobsmuscheln und Wildkräutern aus dem Busch. Zum Abschluss rupft noch eine Känguru-Familie am Gras. Doch schon am nächsten Morgen muss man aufpassen, bei einer Fahrt in die versunkenen Wälder entlang des Mary River, um nicht den mächtigen Krokodilen, die in den Seerosenteichen leben, zum Häppchen zu werden.

+++Wer nicht fliegt, sieht die Welt mit anderen Augen+++

+++Wenn der Arzt mit in den Urlaub kommt+++

Das Safari-Camp Bamurru Plains liegt nicht - auch wenn es bei dieser Szenerie leicht zu vermuten wäre - im berühmten Okavangodelta mitten in Afrika. Es liegt an einem ebenso faszinierenden Ort, dessen Naturreichtum aber erst wenige kennen: im tropischen Norden des fünften Kontinents, dort wo Australiens wilde Landschaften zu finden sind.

Das Northern Territory allein ist schon viermal so groß wie Deutschland, hat aber nur 225 000 Einwohner - das sind noch weniger als beispielsweise in Altona wohnen. Die Hälfte lebt im Norden an der Küste, in Darwin, gleichzeitig ein Tor zum Outback und eine Multikulti-Stadt mit asiatischem Flair - schließlich liegt Darwin fast genau zwischen Singapur und Sydney.

Wer sofort in Richtung Süden düst, um den Uluru (oder Ayers Rock) zu besichtigen, begeht einen Fehler. Erstens führen, wenn man den Geschichten der Aborigines glaubt, früher oder später alle unsere Traumzeitreisen (und deswegen wohl auch alle Urlaubsreisen) zu dem rostroten Berg im weiten Nichts. Zweitens verpasst man einiges: Natur, so weit das Auge reicht - unter den wenigen Menschen, die man trifft, aber erstaunlich viele, die einem diese Natur nahebringen wollen.

Drei Stunden einsame Autofahrt sind es von Darwin, die letzten 60 Minuten über eine gut instand gehaltene, aber ungeteerte Piste, die den Wagen kräftig mit roter Erde einstaubt. Ein Schild verkündet "Swim Creek Station", dahinter versperrt ein Gatter den Weg. Wichtig: Nach dem Öffnen nicht vergessen, es wieder zu schließen, denn 4500 Wasserbüffel und 1500 Rinder leben auf dem mehr als 300 Quadratkilometer großen Areal der Farm - und die Familie Fisher, die hier seit Generationen wirtschaftet, mag keine Gäste, die ihre Tiere entwischen lassen.

Ein Geländewagen nähert sich, am Steuer sitzt die charmante Rachel Clare, gekleidet in einer Khaki-Kluft, auch gerne getragen von Outdoor-Enthusiasten. Sie ist verantwortlich für die wohl außergewöhnlichste Safari-Lodge in Australiens Norden. Bamurru Plains will mit seinem Konzept des "Wild Bush Luxury" eine gewisse Exklusivität im Busch bieten, die hier draußen sicherlich nicht selbstverständlich ist - dazu gehören exzellentes Essen und komfortables Schlafen. Und das in einer Landschaft, die man im trockenen Australien nicht erwarten würde: Von November bis März ist Monsunzeit. Dann verwandeln sich die Wälder, Savannen, Sümpfe und Mangroven der Gegend für das nächste halbe Jahr in ein artenreiches Feuchtgebiet, in dem das Leben pulsiert.

Rachel Clare begleitet mit ihrem Lächeln und ihrem Wissen über die Tier- und Pflanzenwelt der Region die wenigen Gäste nicht nur bei der halbstündigen Fahrt vom Gatter bis zum Camp, sondern auch von der ersten Exkursion am frühen Morgen bis zum Schokoladen-Soufflé unterm Sternenhimmel. Es ist ein Fünf-Sterne-Service, aber eher australisch-kumpelhaft, ohne die aufgesetzte Distanz eines Butlers. Als Erstes erklärt sie die Sicherheitsregeln, und auch das geht einfacher, wenn man sich mit Vornamen anspricht: "Das Camp bitte nicht verlassen: An Land gibt es Büffel, die deutlich schneller rennen können als ihr. Und nicht ans Wasser gehen: Wir haben hier mehr Salzwasserkrokodile als jeder andere Ort der Welt." Dann muss sie schmunzeln und sagt: "Der kleine grüne Frosch, der sich in der Toilette des Camps zu Hause fühlt, ist aber ungefährlich."

Bamurru Plains steht für den exklusiven Luxus, um in bester afrikanischer Safari-Tradition unverfälschte Natur zu erleben, zu Land und zu Wasser, wobei die Übergänge hier in den Auwäldern und Sümpfen eher fließend sind. Kein Telefon und kein Fernseher stören die Geräusche der Wildnis. Neun hölzerne Chalets stehen auf Stelzen im Schatten knorriger Bäume. An drei Seiten sind sie offen - na ja, fast: Ein dünnes Netz trennt die Wildnis vom kuscheligen Bett, lässt aber die kühlende Brise der Nacht ins Zimmer, sodass man keine Klimaanlage braucht und auch keine Unterhaltung aus dem Radio, wenn es dunkel wird - draußen gibt es genug Musik von all den Tieren, die man rascheln, knabbern und fiepen hört, aber nicht sehen kann.

In den Badezimmern haben Handwerker die Reste alter Pumpstationen sehr kunstvoll in das Gesamtkonzept integriert. Lieblingsplatz der Gäste, die von Exkursionen zu den Felszeichnungen der Aborigines oder einer Bootstour zum nahen Ozean zurückkommen, ist jedoch der Pool mit seinem randlosem Becken: Hungrige Krokodile gibt es hier keine, dafür einen weiten und nicht verbauten Blick auf die Tierwelt in den nur ein paar Meter entfernten Überschwemmungsflächen. Wildpferde, Wasserbüffel und Wallabies (kleine Kängurus) tummeln sich hier. Vor allem aber Tausende von Vögeln. 236 Arten hat Rachel Clare schon gezählt - und ist sich sicher, dass es im Laufe der nächsten Monate noch mehr werden. Die Opulenz der Region offenbart sich, wenn man früh am Morgen in eines der flachen Sumpfboote steigt, die - von der Kraft eines mächtigen Propellers angetrieben - scheinbar schwerelos über die überschwemmten Flächen gleiten. Es geht vorbei an Tausenden Spaltfußgänsen, die hier ihre Jungen aufziehen, weil es im flachen Wasser Nahrung im Überfluss gibt.

Am Himmel kreist ein Riesenstorch, ein gewaltiger Segler mit mehr als zwei Meter Spannweite. Junge Fischadler haben ihren Horst verlassen und geben kreischende Laute von sich. Anscheinend sind sie noch nicht genügend gefüttert worden. Die schönsten Vögel sieht man meist nur aus dem Augenwinkel, eine blitzende Reflexion ihres bunten Gefieders: Eisvögel, mal mit zuckendem Fisch im Schnabel, mal rastend und in der Sonne ihre bunten Federn trocknend. Wer sich zu Beginn seines Aufenthalts in Bamurru nicht für Vögel interessiert, sagen die Guides über ihre Gäste, ist spätestens bei seiner Abreise eine Vogelfreund.

Und wenn man schon damit rechnet, zum Frühstück wieder zurück zur Lodge zu brausen, um später mit einem Geländewagen auf Tour zu gehen oder einen Ausflug in den nahen Kakadu-Nationalpark zu starten, lenkt Rachel Clare, die Frau am Steuer, das Sumpfboot weg von der offenen Wasserfläche in einen versunkenen Forst. Glatt wie ein Spiegel ist hier das dunkle Wasser. Reflektiert werden die skurrilen Stämme der Myrtenheiden. Weiße Seerosen und rosafarbener Lotus sprießen in dieser versteckten Region, die man zu Fuß nie erreichen könnte. Ein menschenleerer Märchenwald - doch alleine, nein, alleine ist man hier nicht.