Der Schulleiter des Gymnasiums Athenaeum Stade verabschiedet sich nach fast fünf Jahrzehnten als Schüler, Lehrer und Rektor

Stade. Nachdenklich sitzt Hermann Krusemark auf dem Stuhl in seinem Büro. Ob ihm der Abschied schwer fallen wird? Der Schulleiter des Stader Gymnasiums Athenaeum blickt kurz nach oben. "Ich werde mit einem lachenden und einem weinenden Auge gehen, aber ich bin noch nicht sicher, welches Auge mehr tränt", sagt der 65-Jährige, der am 1. August dieses Jahres in den Ruhestand geht.

Das erste Mal stand Hermann Krusemark 1956 als Fünftklässler in der Eingangstür des Athenaeums. Damals gab es nur den Teil des Gebäudes, der heute als Altbau bekannt ist. "Ich wurde damals noch im Keller unterrichtet, draußen gab es lediglich ein Toilettenhäuschen. Es gab eine Raumnot, die man sich kaum vorstellen kann", sagt Krusemark. Diese Situation wurde 1957 entschärft, der sogenannte Mittelbau mit sanitären Anlagen und diversen Fachräumen wurde errichtet, ein weiterer Anbau entstand 1981.

Krusemark und das Athenaeum - fast sein ganzes Leben hat er hier verbracht. Nur für wenige Jahre verließ er die Schule. 1966 ging er nach dem Abitur, kehrte aber nach seinem Lehramtsstudium in Hamburg und Göttingen schon im Februar 1975 zurück an das Stader Gymnasium. Obwohl er zu dieser Zeit sein Referendariat in Lüneburg absolvierte, unterrichtete er vier Stunden pro Woche in Stade. Zum 1. August 1976 trat er dann eine offizielle Planstelle an "seinem" Athenaeum an, 1991 wurde er stellvertretender Schulleiter, am 1. August übernahm er dann die Schulleitung.

Auf die Frage nach seinen einschneidendsten Erlebnissen während seiner "Schulzeit" muss Krusemark nicht lange überlegen. "Ganz klar die Rückführung der fünften und sechsten Klassen ans Gymnasium im Jahr 2004", sagt Krusemark. Die Schule musste 600 zusätzliche Schüler aufnehmen, 24 neue Lehrer wurden eingestellt. Bereits nach einem Jahr an der Spitze der Schule musste Krusemark gemeinsam mit seinen Kollegen diese "Herkulesaufgabe" meistern.

Ein Projekt, das Krusemark sehr am Herzen lag, war der Bau der neuen Turnhalle, die 2002 eingeweiht wurde. "Darauf haben wir mit Sicherheit 20 Jahre gewartet", sagt Krusemark. Er selbst habe sich dafür persönlich sehr engagiert, weil Sport für ihn immer einen sehr hohen Stellenwert gehabt habe. Das bestätigt auch ein Blick in das Privatleben des Schulleiters.

Seit seinem 16. Lebensjahr war er als Betreuer und Trainer im Sportverein, später viele Jahre Jugendwart im Vorstand des VfL Stade. Im Jahr 1961 startete Hermann Krusemark seine Karriere als Fußballschiedsrichter, in der es recht schnell nach oben ging. Mit 18 Jahren pfiff er sein erstes Kreisligaspiel und stieg nach und nach auf, bis Krusemark sogar Spiele in der Niedersächsischen Verbandsliga leitete. Bis zu seinem Abschied vor zwei Jahren pfiff er zuletzt vor allem Kreisligaspiele, seine drei Söhne haben alle als Assistenten bei ihm an der Linie gestanden.

"Sie haben mir eines Tages zum Aufhören geraten, und ich habe ihren Rat befolgt", sagt er und grinst. Sein schönstes fußballerisches Erlebnis war, als er ein Trainingsspiel vom FC Schalke 04 vor 5000 Zuschauern in Bremervörde pfeifen durfte. Viele schlechte Erinnerungen habe er nicht. "Klar hat es immer mal wieder Ärger gegeben", sagt Krusemark. Nie aber seien Zuschauer oder Spieler handgreiflich geworden. "Zweimal war es kurz davor", sagt Krusemark und kann sich ein verschmitztes Lächeln wieder nicht verkneifen.

Hermann Krusemark sagt selbst über sich, dass er immer gern viel mit seinen Schülern unternommen, aber auch immer die nötige Distanz gewahrt habe. Ein Kumpeltyp sei er nie gewesen, das hätten allein seine Funktionen ausgeschlossen. "Ich habe auch nie einer Klasse gesagt, sie könne mich duzen", sagt Krusemark. Insgesamt habe Krusemark während seiner Zeit am Athenaeum sehr viel Spaß gehabt, vor allem beim Lehrerfußball.

Seit Mitte der 80er-Jahre treffen sich Lehrer und auch ehemalige Schüler jeden Donnerstag um 17 Uhr zum Fußball spielen. Nur einmal verletzte sich Krusemark dabei schwer. Er sei unglücklich angeschossen worden, brach sich den Arm. "Zum Glück war es der Linke", sagt Krusemark und grinst.

Privat musste Hermann Krusemark jedoch auch ein sehr schweres Jahr überstehen. 1983 starb seine Frau viel zu früh an Leukämie. Die beiden haben einen gemeinsamen Sohn. In diesem Jahr gab Krusemark alle seine ehrenamtlichen Tätigkeiten auf. Unter anderem zog er sich nach 15 Jahren aus dem Vorstand des Sportvereins zurück. Nun ist Krusemark wieder verheiratet, mit seiner zweiten Frau hat er zwei erwachsene Söhne. Seit 1996 sitzt Krusemark für die CDU im Stader Kreistag, seit 1991 ist er im Kreisvorstand, 2005 bis 2010 war er Kreisvorsitzender.

Eigentlich wäre Krusemark bereits am 1. Februar dieses Jahres pensioniert worden. Weil jedoch wegen des Doppelabiturjahrgangs 226 Abiturienten zeitgleich geprüft wurden, bleibt er noch bis August. Lob verteilt Krusemark vor allem an seine Kollegen, aber auch an die Prüflinge. Er spricht von einem sehr guten Gesamtergebnis. Nach 46 Jahren als Schüler, Lehrer und Rektor am Athenaeum, kann sich Krusemark also zufrieden verabschieden. Die eine oder andere Abschiedsträne wird er sich wohl aber nicht verkneifen können.