Mehr als 800 Demonstranten fordern vor dem Kreishaus den sofortigen Baubeginn am Gymnasium Athenaeum

Stade. Es ist bewölkt und nieselt. Das Wetter passt zu ihrer Stimmung. Mehr als 800 Menschen haben sich vor dem Stader Kreishaus versammelt. "Neubau jetzt", schreien sie immer wieder mit vereinten Kräften. Mit Plakaten, Transparenten, Trillerpfeifen und Vuvuzelas wehren sich Schüler, Eltern und Lehrer gegen die Pläne der Kreisverwaltung, den Erweiterungsbau am Gymnasium Athenaeum Stade vorläufig zu stoppen. Bewusst demonstrieren sie direkt vor der Sitzung des Kreisschulausschusses. Ihre Rufe werden zwar gehört, doch die Demonstranten werden weiter vertröstet.

Kürzlich präsentierte die Niedersächsische Landesregierung ihr neues Schulmodell. Vom kommenden Schuljahr an sollen Haupt- und Realschulen in sogenannte Oberschulen umgewandelt werden können. Sind genug Schüler da, kann auch ein gymnasialer Zweig angegliedert werden.

Im Landkreis Stade kämen mit Blick auf die Schülerzahlen die Schulen in Himmelpforten, Fredenbeck, Horneburg, Jork und eventuell Lühe für solch einen gymnasialen Zweig in Frage, sagt Stades Erster Kreisrat Eckart Lantz. Sollten an einigen oder all diesen Schulen Oberschulen mit einem gymnasialem Zweig entstehen, hätte dies auch Auswirkungen auf die bestehenden Gymnasien. Deshalb wird am Athenaeum vorerst nicht gebaut. Nach den bisherigen Planungen sollen am Athenaeum rund 6,2 Millionen Euro investiert werden. Geplant war unter anderem ein Erweiterungsbau mit dem 19 allgemeine Unterrichtsräume geschaffen werden sollen. "Wir müssen jetzt umplanen und in unsere Planungen auch die Oberschulen mit einem gymnasialen Zweig einbeziehen", sagt Lantz.

Während der Kreisschulausschusssitzung betonte Lantz, dass der Baubedarf am Athenaeum unbestritten sei und gedeckt werden muss. "Aber wir brauchen eine Planungsgrundlage und das möglichst schnell", sagt Lantz. Zurzeit sollen die Schulträger im Landkreis Stade beraten, ob eine Oberschule für sie in Frage kommen würde - mit oder ohne gymnasialen Zweig - und ihre Pläne schnellstmöglich dem Kreis mitteilen. Der Erste Kreisrat Lantz rechnet aber nicht damit, dass dies schon in den kommenden Wochen passieren wird. Schließlich müssten auch die Schulträger erst auf konkretere Informationen zur Oberschule warten.

Ein Gesetzesentwurf wird im Dezember erstmals im Niedersächsischen Landtag beraten. Einige Schüler, die nach ihrer Demonstration an der Sitzung des Kreisschulausschusses teilgenommen hatten, waren sichtlich enttäuscht. "Da hat unsere Demonstration ja viel gebracht. Wir werden weiter hingehalten", sagt der 16-jährige Kai Frerichs. Der Zwölftklässler habe zwar Verständnis dafür, dass erst noch detaillierte Informationen zur geplanten Schulreform fließen müssen, kritisiert aber gleichzeitig, dass nicht schon längst mit dem Bau am Athenaeum angefangen wurde. Denn der Ursprung des Problems am Athenaeum liegt bereits sechs Jahre zurück. Im Jahr 2004 wurden die Orientierungsstufen in Niedersachsen aufgelöst. Etwa 350 Schüler musste das Stader Gymnasium an der Harsefelder Straße damit zusätzlich aufnehmen.

Das dadurch entstandene Platzproblem wird seitdem mit der Außenstelle "Campe" gelöst. Die Schüler werden in acht alten und heruntergekommenen Pavillons unterrichtet, die auf dem Gelände der Realschule Camper Höhe stehen. Die Kreispolitik hat reagiert und der Kreis nimmt mehrere Millionen in die Hand, um sowohl beim Athenaeum als auch beim Vincent-Lübeck-Gymnasium (VLG) zu bauen.

Der Kreistag beschloss, beide Gymnasien zeitgleich auszubauen. Doch während am VLG am 17. November bereits Richtfest gefeiert wird, ist am Athenaeum noch nichts passiert. Zum jüngsten Baustopp war es im Zuge der Planungen und er Einführung der Integrierten Gesamtschule (IGS) Stade gekommen. Diese sollte Entlastung für das Athenaeum bringen. Jetzt der erneute Baustopp. "Es ist nicht vertretbar, dass wir zum dritten Mal vertröstet werden", sagt Schülersprecherin Leonie Scheck. Innerhalb von drei Tagen haben die Schüler deshalb die Demonstration organisiert.

Der Zug startete beim Athenaeum und marschierte in Begleitung der Polizei friedlich über die Hansebrücke und durch die Innenstadt zum Platz Am Sande vor dem Kreishaus. "Wir wollten zeigen, dass man mit uns nicht alles machen kann", sagt Scheck. Mit der Demonstration und der hohen Zahl der Schüler, die sich beteiligt haben, seien die Organisatoren mehr als zufrieden. Dass trotzdem wieder alles verschoben wurde, sei hingegen enttäuschend. Doch umsonst war der Protest der Schüler mitnichten.

Die Kreispolitiker waren sichtlich beeindruckt und sprachen sich parteiübergreifend dafür aus, eine möglichst schnelle Lösung zu finden. Kreisrat Lantz befindet sich derzeit in intensiven Gesprächen darüber, welche Maßnahmen gegebenenfalls vorgezogen werden könnten, damit sich die Raumsituation an der Schule verbessert. Angedacht seien dabei vor allem größere Umbaumaßnahmen im derzeitigen Bestand der Schule. Im Gebäude könnten einige ungünstig geschnittene Räume sinnvoll umgebaut werden.