Größtes Medienprojekt in Schleswig-Holstein: Von den Kinder- und Jugendbuchwochen profitieren 3000 Schüler im Kreis Pinneberg.

Wedel. Eine Entführung. Ein dummer Drache. Ein gespenstischer Zauberwald, bevölkert von magischen und finsteren Wesen. Und mitten drin die Hauptfigur Ariane. Es ist eine spannende und fantasievolle Welt, die Autorin Vanessa Walder den Drittklässlern der Moorwegschule am Dienstagmorgen in der Wedeler Stadtbücherei eröffnete. Mehr als eine Stunde lang widmete sich die Schriftstellerin, die in den vergangenen Jahren 50 Bücher veröffentlichte, ihrem jungen Publikum.

Walder las mit viel Enthusiasmus vor, beantwortete die zahlreichen Fragen und verteilte am Ende noch Autogramme an die etwa 60 Schüler. Am Ende eroberte sie so die Herzen ihrer kleinen Zuhörer, von denen manche anfangs noch sehr skeptisch wirkten. Ihnen war es offensichtlich fremd, dass ihnen jemand etwas vorliest. Das gestanden sie auch der Autorin, die sich sehr für das Leseverhalten ihrer Zuhörer interessierte.

Dabei ist gerade das Vorlesen in jungen Jahren besonders wichtig, wie Maren Mumme weiß. Die Mitarbeiterin der Wedeler Stadtbücherei sagt: "Kinder, denen in frühen Jahren vorgelesen wurde, lesen auch im Alter noch viel. Das zeigen Studien." Seit 1987 arbeitet Mumme daran, mit solchen und ähnlichen Veranstaltungen beim Nachwuchs die Lust aufs Lesen zu wecken. Denn seitdem gehört die Mitarbeiterin der Stadtbücherei zum sechsköpfigen Organisationsteam der Kinder- und Jugendbuchwochen.

Zum 29. Mal ist das größte Medienprojekt im Land Schleswig-Holstein kürzlich gestartet. Bis zum 17. November werden mehr als 300 Veranstaltungen wie Lesungen, Theatervorführungen sowie Workshops mit Autoren und Illustratoren angeboten. Etwa 15 000 Kinder und Jugendliche kommen in ihren Genuss. An dem Projekt, das Kindern und Jugendlichen die Welt der Bücher näher bringen soll, beteiligen sich 36 Künstler.

Der Kreis Pinneberg ist dabei vorbildlich. "Hier wird besonders viel gemacht", sagt Maren Mumme. Von Mitmach-Lesungen über multimediale Vorträge bis hin zu Workshops in der Schulbibliothek - allein im Kreisgebiet bieten die beteiligten Bibliotheken 50 Veranstaltungen an, die etwa 3000 Schüler erreichen. Warum gerade der Kreis Pinneberg bei den Kinder- und Jugendbuchwochen groß auftrumpft? "Das hat viel mit Geld zu tun", so Mumme. Einrichtungen, die sich in den vergangenen Jahren von dem Großprojekt verabschiedeten, hätten als Gründe Personal- und Finanzierungsmangel angegeben. "Die Büchereien im Kreis Pinneberg sind im Vergleich zu anderen Einrichtungen noch gut ausgestattet", sagt Mumme. Im Fall Wedel steuert die Stadt zu den 14 Veranstaltungen der Bücherei im Zuge der Kinder- und Jugendbuchwochen 4000 Euro dazu. In Städten, die die Büchereien nicht so unterstützen können oder wollen, müssen die Mitarbeiter nach anderen Geldquellen wie Sponsoren und Fördermitteln suchen. Mumme ist sich aber ganz sicher, dass der Aufwand lohnt:

"Je früher Kinder mit Büchern in Kontakt kommen, desto mehr lesen sie auch später im Alter." Das frühe Heranführen an die Stadtbibliothek scheint sich zumindest in Wedel auszuzahlen. Gerade im Bereich Kinder- und Jugendliteratur boomen die Ausleihen. "Es ist allerdings schwer zu sagen, ob jedes Buch auf dem Rückgabetisch dann auch gelesen wurde. Aber der Trend ist deutlich. Das Lesen ist im Kommen", sagt die 51-Jährige. "Ich höre ganz oft, die Kinder lesen nicht mehr. Ich frage mich dann immer: Im Vergleich zu was?"

Dass der Trend nach oben geht, zeigen auch die Statistiken. Lag die Ausleihzahl 2009 im Kreis Pinneberg noch bei 409 133 Kinderbüchern, ist sie 2011 auf 444 732 Bücher angestiegen. Darauf reagierten die Bücherhallen in der Region und stockten ihren Bestand von ehemals 55 453 auf 79 382 Kinderbücher auf. Vor allem Wedel ist Vorreiter. 2011 haben Kinder und Jugendliche in der Sparte der Unterhaltungsliteratur 3848 mal mehr Werke ausgeliehen als noch 2009.

Wer nun selbst Lust aufs Lesen oder Vorlesen bekommen hat, dem empfiehlt Fachfrau Mumme einen Klassiker: die Märchen die Gebrüder Grimm. Allen, die es lieber moderner mögen, rät sie zu den Werken von Cornelia Funke. Im Übrigen sind die zahlreichen Veranstaltungen zu den Kinder- und Jugendbuchwochen teilweise auch öffentlich. Hier einige Vorschläge für gemütliche Vorlesestunden: In der Gemeindebücherei Halstenbek, Gustavstraße 8, tritt am Sonnabend, 10. November, Kinderliedermacher Matthias Meyer-Göllner auf. Von 14 Uhr an präsentiert er sein Programm "Was machst du da? Berufsraten mit der Zappelbande" für Kinder ab vier Jahren. Karten kosten drei Euro pro Person und sind in der Bücherei zu bekommen.

Am Mittwoch, 14. November, stattet Sängerin Patricia Prawit der Bücherei in Ellerau, Højerweg 2, einen Besuch ab. Von 15 Uhr an zeigt Prawit, warum sie die perfekte Besetzung für die Rolle des Burgfräuleins Bö in den Kinderbuch-Musicals um den Ritter Rost ist. Es gibt noch einige Karten zum Preis von 2,50 Euro in der Bücherei.

Gernot Grischke tritt am 9. November von 16 Uhr an in der Stadtbücherei Norderstedt, Rathausallee 50, auf. Erwachsene zahlen für die Veranstaltung vier Euro, Kinder zahlen zwei Euro ohne Bibliotheksausweis und einen Euro, wenn sie Mitglied in der Bücherei sind. Ebenfalls dort ist am 16. November von 16 Uhr an Patricia Prawit zu sehen. Die Karten kosten regulär zwei Euro, mit Bibliotheksausweis zahlt man einen Euro.

"Herr Fuchs mag Bücher" heißt es am Freitag, 16. November, in der Stadtbücherei Wedel am Rosengarten. Von 16 bis 17 Uhr erfahren die Zuhörer, warum Herr Fuchs seine Lieblingsbücher nach dem Lesen immer verspeist. Außerdem gibt es auch Geschichten mit dem Kamishibai.

An ein etwas älteres Publikum richtet sich dieses Angebot: Anlässlich des neunten bundesweiten Vorlesetages am Freitag, 16. November, lädt das Bücherei-Team zu einem Lyrikabend ein. Unter dem Motto "Lieben, Leiden, Lesen, Lachen" steht die Veranstaltung im Weinladen "La Barrique" am Mühlenteich. Der Eintritt ist frei. Torsten Voss wird von 19 Uhr an Gedichte vorlesen, die er liebt. Und manchmal dazu sagen, warum das so ist. Verse von Goethe, Heine, Salomo und Benn, Lasker-Schüler, Ulla Hahn, Doris Runge und Petersdorff sind zu hören.