Trotz Schulden erhebt Henstedt-Ulzburg nur geringe Gemeindesteuern. Bürgervorsteher Carsten Schäfer mahnt ein Umdenken an.

Henstedt-Ulzburg. Fünf Monate vor der Kommunalwahl wagt sich Bürgervorsteher Carsten Schäfer von der Fraktion Bürger für Bürger (BfB) an ein sensibles Thema: Er weist darauf hin, dass die Henstedt-Ulzburger in einem steuerpolitischen Schlaraffenland leben. Weil die Hebesätze für die Grund- und Gewerbesteuern hier so niedrig sind wie in kaum einem anderen Ort Schleswig-Holsteins, bringt der Bürgervorsteher eine Steuererhöhung ins Gespräch. Bei den Kommunalpolitikern der übrigen Fraktionen findet er kaum Gehör: Eine Erhöhung der Gemeindesteuern streben die Politiker im Ort wenige Monate vor den Kommunalwahlen nicht an.

Der Bürgervorsteher legt Fakten auf den Tisch: Ende dieses Jahres hat Henstedt-Ulzburg 26 Millionen Euro Schulden, aber die Steuern sind seit Jahren gleich geblieben. Der Hebesatz für die Grundsteuer A (Landwirte) liegt in Henstedt-Ulzburg aktuell bei 260 Prozent, für die Grundsteuer B (Hausbesitzer) bei 275 Prozent, der Hebesatz für die Gewerbesteuer liegt bei 310 Prozent. Die Nivellierungssätze des Landes Schleswig-Holstein liegen für die Grundsteuer A und B bei je 290 Prozent, für die Gewerbesteuer bei 310 Prozent.

Daran muss sich die Gemeinde nicht halten, aber sie muss die Konsequenzen tragen, wenn sie es nicht tut. Der Verzicht der Anhebung der Gemeindesteuern auf die vom Land vorgegebenen Steuerhebesätze wirkt sich negativ auf die Schlüsselzuweisungen und die Kreisumlage aus: Weil das Land davon ausgeht, dass die Henstedt-Ulzburger es nicht nötig haben, mehr Einnahmen durch Steuern zu erzielen, gibt es "zur Strafe" weniger Geld, andererseits muss mehr Geld an den Kreis gezahlt werden.

Auf diese Weise erwirtschaftet Henstedt-Ulzburg ein mehrfaches Minus: Weniger Zuschuss vom Land, mehr Geld für den Kreis machen nach den Berechnungen von Carsten Schäfer etwa 112.000 Euro aus. Die Belastung erweitert sich laut Schäfer, wenn die fiktiv nicht erhobenen Steuereinnahmen hinzugerechnet werden, um 256.000 Euro auf zusammen 368.000 Euro.

Er verweist auf die Nachbarorte und stellt fest, dass nirgends so niedrige Gemeindesteuern erhoben werden wie in Henstedt-Ulzburg. Lediglich in Kaltenkirchen ist der Hebesatz für die Gewerbesteuer mit 310 Prozent so hoch wie in Henstedt-Ulzburg, dafür liegen die Grundsteuerhebesätze dort etwas höher (280 Prozent für die Grundsteuer A und B). Norderstedts Hebesätze lieben bei 300 Prozent für die Grundsteuer A, 410 Prozent für die Grundsteuer B und 420 Prozent für die Gewerbesteuer.

Schäfer spricht eine Steuererhöhung nicht direkt an, aber er fordert die Gemeindepolitiker zum Nachdenken auf: Dass dieser Vorstoß kurz vor den Kommunalwahlen eventuell Wählerstimmen kosten könnte, stört den politisch stets ungewöhnlich aktiven Vorsitzenden der Gemeindevertretung dabei wenig. Der Gemeindehaushalt, in dessen Haushaltssatzung auch die Steuerhebesätze festgeschrieben sind, soll am Dienstag, 15. Januar, verabschiedet werden.

Bürgervorsteher Schäfer rechnet vor, wie stark die Anhebung des Grundsteuerhebesatzes um 15 Prozent einen Privathaushalt belasten würde: Er und seine Frau zahlen zurzeit 219,70 Euro für ihr Einfamilienhaus mit Grundstück pro Jahr bei einem Hebesatz von 275 Prozent, bei 290 Prozent wären es zwölf Euro pro Jahr mehr.

Für die anderen Fraktionen sind Steuererhöhungen kein Thema. "Wir haben das besprochen", sagt Folker Brocks, Vorsitzender der CDU-Fraktion und Vorsitzender des Finanzausschusses. "Eine Steuererhöhung tragen wir nicht mit." SPD-Fraktionsvorsitzender Horst Ostwald erkennt den "berechtigten Hinweis" des Bürgervorstehers zwar an, für die SPD sei das jedoch kein Thema. "Wir bekommen den Haushalt auch so hin." Die WHU fordert die Verwaltung auf, zunächst andere Sparpotenziale auszureizen, bevor das Thema Steuererhöhung auf den Tisch kommt.