Spielen, Basteln, Töpfern, Musizieren - an der ersten Norderstedter Ganztagsgrundschule gibt es ein buntes Angebot.

Norderstedt. Hektik am Kicker, Konzentration beim Flöten, Fantasie beim Basteln, Entspannung auf dem Sofa - wer Mittag gegessen und seine Hausaufgaben erledigt hat, sucht sich seine Nische. 81 von 116 Kindern nutzen das neue Angebot an der Grundschule Friedrichsgabe. Die Schule an der Pestalozzistraße ist die erste offene Ganztagsgrundschule in Norderstedt. Seit den Sommerferien bleiben viele Grundschüler auch nach Unterrichtsschluss in den Schulräumen oder auf dem Freigelände.

"Wir sind das Versuchskaninchen und stehen in regem Austausch mit den Kollegen der anderen Grundschulen", sagt Schulleiterin Annette Korn. Die sollen bis 2020 ebenfalls zu offenen Ganztagsgrundschulen umgewandelt werden, allerdings Schritt für Schritt nach einem festen Zeitplan, denn: Mit dem Ausbau des Betreuungskonzeptes sind enorme Kosten verbunden. Allein die Investitionskosten für den Umbau an den Schulen werden zweistellige Millionensummen erreichen, sagt Schuldezernentin Anette Reinders.

Und Streit provozieren: Den gab es um den Ausbau der Grundschule Glashütte, die zum nächsten Schuljahr den Betrieb als Ganztagsgrundschule aufnehmen soll. Die Projektgruppe der Schule hatte einen vom Architekten erarbeiteten Ausbau-Entwurf um zusätzliche Differenzierungsräume ergänzt. Die seien nötig, um Inklusion verwirklichen zu können, das gemeinsame Lernen von Kindern mit Handicaps und ohne. 2,1 Millionen Euro würden dafür anfallen - zu viel für fast alle Kommunalpolitiker. "Diese Lösung ist sicher aus Sicht der Schule wünschenswert, geht aber deutlich über das notwendige Maß hinaus", heißt es in der Vorlage der Verwaltung für die Sitzung des Schulausschusses im November. Zusammen mit dem Architekten legte die Verwaltung eine abgespeckte Version für knapp 1,4 Millionen Euro vor.

Die fand eine breite Mehrheit, nur Die Linke wollte an den Vorschlägen der Schule festhalten. "Die hohen Ansprüche an das Bildungssystem können unserer Ansicht nach nur erfüllt werden, wenn die Schulen entsprechend räumlich ausgestattet werden", sagt Hans-Georg Becker, Stadtvertreter von Die Linke. Die habe ein Zeichen des Aufbruchs setzen wollen.

Doch es geht nicht nur um die Ausgaben für die Baumaßnahmen. Hinzu kommen die Kosten für den laufenden Betrieb. Und es fallen zusätzliche Personalkosten an. In Friedrichsgabe leitet Jana Marquardt die Betreuung nach Unterrichtsschluss. Sieben Fachkräfte unterstützen sie: "Alle bringen eine pädagogische Grunderfahrung mit", sagt die Leiterin. Die Kinder sollen nicht nur aufbewahrt, sondern nach Lust und Interesse gefördert werden und lernen, wie sie ihre Freizeit sinnvoll gestalten können. Die Qualität der Nachmittagsbetreuung ist den Eltern und Verantwortlichen in der Stadt wichtig.

14 Kurse stehen an der ersten Norderstedter Ganztagsgrundschule zur Auswahl. Zwischen 15 und 16 Uhr können die Grundschüler lernen, auf Keyboard und Gitarre zu spielen, Hand- und Fußball sowie Schach spielen, im Chor singen, den Flötenführerschein absolvieren, ins Theaterleben hineinschnuppern und Töpfern. Am Donnerstag dreht sich das Kreativkarussell, beim Qi Gong und Jin Shin Jyutsu geht es um Entspannung, Konzentration und den Energiefluss. "Wir würden das Kursusprogramm zum neuen Schuljahr gern ausdehnen", sagt die Schulleiterin, die jetzt ein Problem erlebt, das ihre Kollegen an den weiterführenden Schulen schon seit Jahren kennen: Dringend gebraucht werden Kursusleiter - wer einsteigen will, meldet sich bei der Grundschule unter Telefon 040/522 21 85. Zurzeit gibt es rund 100 Kursusleiter, innerhalb der nächsten zehn Jahre soll sich die Zahl verdreifachen.

Da stützt sich die Grundschule Friedrichsgabe momentan vor allem auf eine Säule: die städtische Musikschule. Hinzu kommen Übungsleiter der Handball-Gemeinschaft Norderstedt und vom benachbarten SV Friedrichsgabe sowie freie Anbieter. Organisatorisch stellt die Betreuung am Nachmittag eine echte Herausforderung dar: Die Eltern können unter sechs Modulen wählen und das auch noch für fünf, vier oder drei Nachmittage. Die Vielfalt ist ein Relikt aus der Zeit vor der offenen Ganztagsgrundschule, als es noch Hort und Modulbetreuung in Norderstedt gab.

Schon jetzt nutzen mehr Kinder als geplant das Angebot nach dem Unterricht. Schulleiterin Korn rechnet für das kommende Schuljahr mit weiteren Anmeldungen. Und auch Dezernentin Anette Reinders sagt: "Wir müssen die Schulen, wenn möglich, schneller ausbauen als geplant. Der Bedarf ist groß, da viele Mütter heute eher wieder ins Berufsleben einsteigen als früher."