In der Firmenserie “Fit in die Zukunft“ stellen wir heute den Schokoladenhersteller Stollwerck aus Norderstedt vor, der am Stammgleis seinen Sitz hat.

Norderstedt. Bitte den Ehering abstreifen und in die Hosen- oder Manteltasche stecken", sagt Ralf Schlusnus, 47. Das gilt auch für Armbanduhren, Ohrringe, Halsketten und alle sichtbaren Piercings. Die Hygienevorschriften beim Schokoladenhersteller Stollwerck am Stammgleis 9 in Norderstedt müssen strikt eingehalten werden. Da kennt Werksleiter Schlusnus keine Gnade.

Die Regeln gelten auch für Stollwerck-Geschäftsführer Philipp Schoeller und Marketingchef Jan Zuther, die für einen Tag zu Besprechungen angereist sind. Weiße Mäntel und Sicherheitsschuhe tragen sie, wie alle Besucher auch eine Kopfhaube. Bartträger unter den Mitarbeitern kommen besonders schnell ins Schwitzen, sie müssen zusätzlich noch einen Bartschutz tragen. "Wir haben gegenüber unseren Kunden eine große Verantwortung", erklärt Werksleiter Ralf Schlusnus.

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Ostern steht vor der Tür, die Produktion im Werk ist nahezu abgeschlossen. "Es gab noch einige Nachbestellungen, die arbeiten wir jetzt ab", sagt Schlusnus. Von Mitte November bis Ende Februar haben 400 Mitarbeiter geschuftet, um die Auftragsbücher zu leeren. Während der Hauptsaison von September bis Februar kommen 100 Zeitarbeiter und 100 Produktionshelfer hinzu. 12 000 Tonnen Tafelschokolade, Pralinen und Dragees werden jedes Jahr in Norderstedt produziert.

Bei der Schokoladen-Herstellung wird Kakaomasse unter Zugabe von Milch, Zucker, zusätzlicher Kakaobutter oder Sahne vermischt - je nachdem, ob eine Zartbitter-Schokolade oder eine Vollmilch-Variante entstehen soll. Die genaue Einhaltung einer definierten Rezeptur und die sorgfältige Mischung bestimmen den speziellen, geschmacklichen Charakter des Endproduktes. Dann folgt das Conchieren. Dabei gelangt die Kakaomasse in Rühr- und Reibsysteme, die sie erst nach Tagen des ununterbrochenen Drehens, Wendens, Lüftens und Temperierens als glatte, feinste Schokolade verlassen kann. Nun kann die Kakaomasse zu verschiedenen Endprodukten weiterverarbeitet werden.

Menschen allein würden die hohen Stückzahlen vor dem lukrativen Oster- und Weihnachtsgeschäft nicht schaffen. Sie brauchen die Hilfe von Robotern. Das Norderstedter Werk besitzt eine hochmoderne Roboteranlage für die vollautomatisierte Fertigung, z. B. von schokolierten Nüssen, und hat auch noch eine "Manufaktur" zu bieten, sprich einen Bereich in der Pralinenfertigung, in dem nach wie vor die Handarbeit einer der Qualitätsaspekte ist.

Die Maschinen picken die Pralinen auf und legen sie in den Schachteln, die auf Fließbändern in flottem Tempo heranrollen, dort ab, wo sie hingehören. Am Ende der Produktionsstraße stehen Mitarbeiter wie Stefan Thomas. Er arbeitet hier seit zehn Jahren und hat es bis zum Anlagenführer gebracht. Er ist Endkontrolleur an einem der Fließbänder und Nachleger.

Keine nicht restlos gefüllte Pralinenschachtel der beliebten Marke "Herzkirsche" darf in den Handel kommen. Darauf müssen alle Mitarbeiter achten.

Die Kölner Vorstandsmitglieder gehen durch die Fertigungshallen und schauen der Belegschaft bei der Arbeit zu. Schon seit 15 Jahren gehört Anna Wojakowski, 29, eine gebürtige Oberschlesierin, zur Stammbelegschaft.

Sie hat sich seit ihrem Job-Antritt im Jahr 2003 zur Schichtleiterin hochgearbeitet und kümmert sich auch um die Auszubildenden. In den Fachbereichen Süßwaren und Lebensmitteltechnik gibt es sechs Lehrlinge, zwei Azubis werden gesucht. "Anna ist eine meiner besten Mitarbeiterinnen, ein Muster an Zuverlässigkeit", versichert Fertigungsleiter Günter Neymeyer.

Links und rechts neben den Fließbändern und auf Beistelltischen liegen, scheinbar griffbereit, leckere Pralinen. Besonders die Praline mit dem Namen "Herzkirsche" ist beliebt. In Norderstedt werden allein von dieser Sorte jährlich 230 Millionen Stück hergestellt. Dürfen die Mitarbeiter auch mal zugreifen? "Ich erwarte von allen, dass sie wissen, was sie herstellen", sagt Werksleiter Schlusnus. "Aber fürs Probieren von Tafelschokolade, Pralinen oder Trüffeln haben wir die Kantine und spezielle Verkosterplätze. An der Produktionslinie darf aus hygienischen Gründen nichts probiert werden."

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Werksleiter Schlusnus selber ist ein eifriger Verkoster: "Aber ich kann mein Gewicht halten." Seit anderthalb Jahren ist er der Chef im Norderstedter Werk. Er hat sein Handwerk von der Pike auf gelernt. Er wurde zum Bäcker, Konditor und Koch ausgebildet, besuchte die Meisterschule und war elf Jahre Betriebsleiter einer Schokoladenfabrik in Halle/Saale. "Ich fühle mich in Norderstedt sehr wohl, ich habe einen abwechslungsreichen Beruf, der Ideenreichtum erfordert", sagt er.

"Wir wissen genau, welche Schokoladenprodukte bei Verbrauchern in ihrem jeweiligen Land ankommen", bekräftigt Geschäftsführer Schoeller, der auch gerne und regelmäßig kostet. "Wir entwickeln ständig überzeugende Innovationen im Bereich Marken und Handelsmarken."

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Besonderen Wert legt Stollwerck auf Kernkompetenz. "Jede Produktionsstätte muss ihre Berechtigung haben, in Norderstedt steht das führende Pralinenwerk", sagt Schoeller. "Wir denken an die Zukunft, deshalb soll dieser Standort auch nachhaltig gestärkt werden."

Der Rundgang durch das Werk ist beendet. Noch einmal hat Werksleiter Ralf Schlusnus das Kommando: Kopfhaube abnehmen, Sicherheitsschuhe und Mäntel ausziehen, Firmenkugelschreiber beim Pförtner wieder abgeben. Nun darf auch der Ehering wieder übergestreift werden. "Das mit dem Ring kann man auch mal vergessen", sagt der Werksleiter. Ohne Pannen sei das nicht abgegangen: "Dreimal habe ich meinen Ring aus Versehen mit zur Wäsche gegeben."

Am kommenden Montag stellen wir Ihnen in unserer Serie "Fit in die Zukunft" die Schön-Klinik vor.