Ende des Jahres sollen die Straßenansichten online zu sehen sein. Kritiker befürchten, dass Datenschutzbestimmungen nicht beachtet werden.

Norderstedt. In den nächsten Tagen werden sie auch auf Norderstedts Straßen zu sehen sein: Die dunklen Kleinwagen mit der Kamera auf dem Dach fahren im Auftrag von Google durch die Stadt, um für dessen neuen Internetdienst "Streetview" Aufnahmen von Straßen, Häusern und öffentlichen Gebäuden zu machen. Die Straßenansichten werden voraussichtlich Ende des Jahres online gestellt. Dann kann sich jeder per Mausklick vors Rathaus oder vors Herold-Center "beamen" und von dort seinen virtuellen Stadtrundgang starten.

Doch während es diese Informations- und Erlebnismöglichkeit in Japan, den USA, Australien sowie Frankreich, Italien und Spanien schon gibt, sind die digitalen Ansichten in Deutschland umstritten. "Bei uns haben schon viele besorgte Bürger angerufen, die Angst davor haben, dass ihre persönlichen Daten für jedermann zugänglich sein werden", sagt Hauke Borchardt, Sprecher der Stadtverwaltung, der den städtischen Datenschutzbeauftragten Rainhard Zug eingeschaltet hat.

Der verweist auf die Kritik seiner Kollegen, die befürchten, dass Google die Auflagen des Datenschutzes nicht erfüllt. Inzwischen gibt es aber, so Zug, Absprachen mit dem größten Internet-Suchdienst der Welt. Google habe zugesagt, dass alle Hinweise auf personenbezogene Merkmale anonymisiert werden. Dazu zählen Autokennzeichen und Gesichter von Passanten, Hausbesitzern und Besuchern, die zufällig mitgefilmt werden. "Noch nicht ganz geklärt ist, ob auch Hausnummern unter diese Rubrik fallen und unkenntlich gemacht werden müssen", sagt Zug.

Noch keine abschließende Zusage des Suchmaschinen-Betreibers gebe es zum Umgang mit den Rohdaten. Der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar hatte gefordert, auf den Festplatten alle Gesichter und Häuserfassaden bei vorliegendem Widerstand des Besitzers unwiederbringlich unkenntlich zu machen. In diesem Punkt habe Google bisher noch keine Zugeständnisse gemacht, heißt es.

Es habe sich herausgestellt, dass bereits gefilmtes Material zu Google in die USA geschickt worden sei, um dort weiterverarbeitet zu werden. Eine datenschutzrechtliche Kontrolle sei damit nicht möglich, sagte Caspar, der für den Datenschutz zuständig ist, da Google-Deutschland seinen Sitz in der Hansestadt hat.

Protest kam in Norderstedt auch von den Linken: Sie bezeichnen die Aufnahmen als "unzumutbaren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte". Viele Bürger wüssten gar nicht, dass demnächst alle Häuser detailgetreu im Internet zu sehen sein werden. "Bei aller Faszination für die Technik ist die Gefahr groß, dass damit wieder ein Stück informationeller Selbstbestimmung verloren geht", hatte Miro Berbig, Fraktionschef der Linken, öffentlich kritisiert.

"Selbst wenn wir es wollten, könnten wir die Aufnahmen nicht verhindern", sagt Datenschutzbeauftragter Zug. Die Fahrzeuge mit den 360-Grad-Kameras fahren auf öffentlichen Straßen und passen sich vom Tempo her dem Verkehr an. Sie stellten kein Hindernis dar, sodass auch keine Sondernutzung vorliege. Mit diesem Argument habe die Gemeinde Molfsee bei Kiel versucht, den Filmteams das Handwerk zu legen - vergeblich. Zug weist aber darauf hin, dass die Bürger den Aufnahmen widersprechen können. Wird Widerspruch eingelegt, müssten die entsprechenden Aufnahmen gelöscht werden. "Dann erscheint da, wo normalerweise ein Wohnhaus zu sehen sein würde, ein schwarzes Loch", sagt er.