Heute: Hiltrud Lotze - Die SPD-Frontfrau will Hedi Wegener ablösen. Arbeit, Bildung und Nachhaltigkeit sind ihre Themen.

Lüneburg. "Ich bin nur noch zum Schlafen zu Hause." Die Anstrengungen des Wahlkampfes sind der SPD-Bundestagskandidatin Hiltrud Lotze nicht anzusehen - jedenfalls nicht morgens um acht Uhr. Entspannt rührt sie in einer Tasse Milchkaffee und nimmt ab und zu einen Löffel voller Milchschaum. Sie hat gelernt die Momente zu genießen, die ihr zwischen zwei Terminen bleiben - Zeit, um auszuruhen und Kraft zu schöpfen. Am liebsten ist ihr die Natur; der Blick vom umgrünten Steg aus auf die Ilmenau oder der Anblick der majestätisch dahin fließenden Elbe, in der schwere Gedanken scheinbar versinken.

Arbeit, Bildung, Nachhaltigkeit - mit diesen Themen zieht die 50-Jährige durch den Wahlkreis 38 Lüchow-Dannenberg - Lüneburg. Es ist ihr Wahlkreis, den sie kennt, in dem sie zu Hause ist und den sie liebt. "In diesem Wahlkreis gibt es so viele Kompetenzen und Menschen, die etwas auf die Beine stellen. Ich will dafür eintreten, dass die Menschen hier gut leben und gut arbeiten können."

Dazu gehört auch der Atomausstieg und der Einsatz erneuerbarer Energien. Das habe mit der Bereitschaft zu tun, mutig zu sein. Wohlstand in Deutschland könne nur haben, wer sich auf neue Themenfelder stürze. Lotze kämpft - ehrlich und offen - um jede Stimme. Nicht nur gute Erfahrungen hat sie während des Wahlkampfes gemacht. Es trifft sie, wenn Bürger ihr respektlos begegnen und vorwerfen: "Politiker lügen alle".

Ihr Vater war Förster und das Familienleben konzentrierte sich auf ein Forsthaus inmitten des Waldes. Sie war die erste innerhalb ihrer Familie, die bereits als Schülerin in eine Partei eintrat. Die erste, die sich für die SPD entschied. Nach der Mittleren Reife schmiss sie die Schule und startete eine Ausbildung an der Deutschen Wetterdienstschule in Neustadt an der Weinstraße. Als Beamtin des mittleren Dienstes wertete sie beim Seewetteramt in Hamburg Wetterdaten aus. Sie wollte mehr und stellte fest: Ohne entsprechende Zeugnisse ist eine berufliche Entwicklung in Deutschland nicht möglich. "Es musste ein Zettel her, das Abitur." Parallel zum Tagesdienst büffelte sie abends am Staatlichen Abendgymnasium in Hamburg und zeigte es allen Zweiflern: Sie bestand das Abitur.

Nein, unbegabt sei sie nicht gewesen, wie manche Familienmitglieder geglaubt hätten, vielmehr faul und lustlos während der Schulzeit. "Ich wollte schnell fertig werden und mein eigenes Geld verdienen." Sie preist die Offenheit des deutschen Bildungssystems und klagt doch seine Ungerechtigkeit an: "Ich kann nicht einsehen, dass Kinder mit den Vornamen Ahmet oder Dilek schlechtere Chancen haben als der kleine blonde Jan. Jedes Kind hat seinen Traum und eine Schulkarriere darf nicht an der Herkunft scheitern." Bildungsthemen sind ihr eine Herzensangelegenheit.

Im Alter von 30 Jahren begann Hiltrud Lotze das Studium der Kulturwissenschaften in Lüneburg. Im Anschluss geriet sie zufällig in die Erwachsenenbildung. Nach den eigenen langen Bildungsjahren bot die Studierte nunmehr Arbeitslosen verschiedene Trainingsmaßnahmen an, um erfolgreich den Weg in die Arbeit beschreiten zu können. "Es war ein tiefer Einblick in die Arbeitslosigkeit und eine wichtige Erfahrung, erleben zu dürfen, wie das Selbstwertgefühl eines Menschen steigt, wenn er wieder in Arbeit ist."

Ihre politische Karriere startete sie im SPD-Ortsverein Barendorf, ihrem ehemaligen Wohnort. Die derzeit stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD im Stadtrat, Kreistagsmitglied und Ortsverbandschefin prägten die Hamburger Jahre unter SPD-Bürgermeister Hans-Ulrich Klose und dem damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt.

In Lüneburg traf sie auf Hedi Wegener. Es begann eine fruchtbare Zusammenarbeit mit der jetzt ausscheidenden Bundestagsabgeordneten. Seit 1999 leitet Hiltrud Lotze das Lüneburger Bundestagswahlkreisbüro. Hedi Wegener wirbt für ihre Nachfolge: "Hiltrud Lotze, eine starke Frau für uns in Berlin." Sollte es nicht gelingen, dann ist die sympathische Politikerin bald arbeitslos. Was dann ist? "Dann habe ich die Chance, mich neu auszurichten." Dabei zwinkert sie ein wenig mit den Augen.