Das Ostpreußische Landesmuseum will jetzt auch die Zeit nach 1945 thematisieren. Der Leiter betont die Unabhängigkeit von Funktionären.

Lüneburg. Die einzige Dauerausstellung Deutschlands zur Geschichte der Deutschbalten in Estland, Lettland und Litauen wird zurzeit in Lüneburg geplant. Sie wird Teil des Ostpreußischen Landesmuseums, das stark wachsen und sein Ausstellungskonzept ändern will. Möglich ist die Neuausrichtung, weil das Haus seit April endlich wieder einen Direktor hat - nach mehr als vierjähriger Vakanz.

Dr. Joachim Mähnert heißt der Neue, ist 42 Jahre alt und ist gebürtiger Berliner. Er will und wird das Ostpreußische Landesmuseum auf neue Wege bringen. Die dafür nötigen Beschlüsse hat der Stiftungsrat gefasst, eine Einigung mit der Lüneburger Carl-Schirren-Gesellschaft für das deutschbaltische Kulturerbe ist getroffen.

Moderner, familien- und kinderfreundlicher soll das angestaubte Museum werden, dessen Ausstellungskonzept sich seit 20 Jahren nicht verändert hat. So will der neue Direktor weg von den vielen Exponaten in all den Vitrinen hin zu Schwerpunkten und einer klaren Besucherführung.

"Wir wollen modernisieren und entschlacken", sagt der Historiker, "mehr Inszenierungen bieten, neue Medien, Interaktives und Dinge zum Anfassen. Dabei bleiben wir aber ein kulturhistorisches Museum mit hochwertigen Sammlungsstücken."

Muss der Besucher die deutsche und europäische Kulturgeschichte bislang im eigenen Hinterkopf mitbringen, will das Ostpreußische Landesmuseum ihn in Zukunft stärker an die Hand nehmen und das Ausgestellte klarer in den jeweiligen Kontext stellen. "Wir wollen den Gemeinsamkeiten und auch Unterschieden zwischen Ostpreußen und dem übrigen Deutschland nachgehen", erklärt Mähnert. "Zusätzlich wollen wir zeigen, was heute mit der deutschen Kulturtradition in Polen, Russland, Estland et cetera passiert."

Aber auch Lüneburg selbst soll zum Thema werden. Macht das Museum heute bei 1945 Stopp, will es zukünftig zeigen, was Ostpreußen und Deutschbalten nach dem Zweiten Weltkrieg in Lüneburg gemacht haben - zum Beispiel die Strickwarenfabrik Lucia gegründet - und wo sie gewohnt haben, zum Beispiel im Ostpreußenring.

Nicht mehr allein die Erlebnisgeneration soll sich für das Haus interessieren, also jene Menschen, die Flucht und Vertreibung selbst erlebt haben. Auch die jüngere Generation, die mehr über die Heimat der Großeltern erfahren will oder sich touristisch oder beruflich für die Region interessiert. Klar getrennt wird dabei zwischen dem ehemaligen Deutschen Reich Ostpreußen sowie den heutigen EU-Ländern Estland, Lettland und Litauen, in die Teile der reichen deutschen Oberschicht ausgewandert waren.

Viel zu wenig Platz für all die Pläne bietet das Gebäude an der Ritterstraße, denn allein der Bereich Museumspädagogik soll sich flächenmäßig verdreifachen. Und so wird nicht nur innen, sondern auch außen umgebaut: Der Eingang wird an die Heiligengeiststraße verlegt, neben die Gaststätte "Krone", wo heute noch das Möbelhaus "Crull" liegt. Das Gebäude haben die Deutschbalten für ihre Abteilung gekauft, von dort soll ein Neubau beide zukünftigen Museumsteile verbinden.

Wie viel das alles kostet, dazu will Mähnert nichts sagen. Zurzeit laufen die Anträge vor allem bei den Finanziers Bund und Land. Auf den Baubeginn hofft Mähnert für 2010, nach und nach soll dann die Ausstellung mit Hilfe eines externen Experten umgestaltet werden. "Eine Schließung wollen wir vermeiden, deshalb abschnittsweise umbauen und Teilabschnitte eröffnen."