Präses Andreas Tietze will weitere Aufklärung: „Ich würde mir wünschen, dass die Rolle des Verfassungsschutzes untersucht wird.“

Kiel. Ein geheimer innerkirchlicher Informationsdienst hat in den Nachkriegsjahren unter anderem missliebige Pastoren an die Spitze der evangelischen Kirche in Schleswig-Holstein gemeldet: Das war auch Andreas Tietze neu, dem Landtagsabgeordneten der Grünen, der zugleich Präses der Nordkirchensynode ist. Ostermarschierer wurden gemeldet, Friedensunterstützer wurden gemeldet – alles, was in dem Ruch stand, in irgendeiner Form den Kommunismus befördern zu können. Tietze sagt: „Ich bin erschüttert, wie perfide ein System aus dem Nationalsozialismus in die Kirche überführt worden ist.“ Der Präses will weitere Aufklärung: „Ich würde mir wünschen, dass die Rolle des Verfassungsschutzes untersucht wird.“

Der Verfassungsschutz hatte bei dem Informationsdienst die Finger im Spiel. Ein ehemaliger SS-Mann hatte diesen besonderen Service eingeführt: Hans Joachim Beyer, ab 1947 Leiter der kirchlichen Pressestelle. In der NS-Zeit hatte er unter anderem das Reinhard-Heydrich-Institut geleitet, das Völkermord wissenschaftlich begründen sollte. 1951 wurde er Professor an der pädagogischen Hochschule in Flensburg. In der Pressestelle der Kirche systematisierte Wolfgang Baader die beyersche Methode. Ab 1953 erschien mindestens vierteljährlich ein auf blaues Papier gedruckter „Vertraulicher Informationsdienst“. Er wurde nur an Kirchenmitarbeiter in Spitzenpositionen verteilt und sollte nach der Lektüre sofort vernichtet werden.

Die Erkenntnisse über den geheimen Informationsdienst hat der Historiker Stephan Linck zu Tage gefördert. Er hat im Auftrag der Nordkirche die Nachkriegsgeschichte der damals vier Landeskirchen in Nordelbien unter die Lupe genommen.

Nach Einschätzung des Historikers Linck ist es bei Baader unklar, ob „seine Hauptloyalität den Bischöfen, der CDU oder dem Verfassungsschutz galt“. Baader war Mitglied des evangelischen Arbeitskreises der CDU. Die Kirche war nach dem Krieg eine enge Partnerschaft mit den Christdemokraten eingegangen.