Kieler Landesregierung fordert vier Milliarden Euro extra gegen den Sanierungsstau. Der Finanzierungsvorschlag des schleswig-holsteinischen Verkehrsministers hat ein unterschiedliches Echo hervorgerufen.

Hamburg/Kiel. Mit einem neuen Vorschlag zur Reparatur von Straßen, Brücken und Schienen hat sich der schleswig-holsteinische Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD) zu Wort gemeldet. Er will einen Teil des Solidaritätszuschlags dafür ausgeben. „Wir wissen, dass von den Einnahmen aus dem Soli vier Milliarden Euro nicht in den Aufbau Ost gehen“, sagte der Minister im Interview mit dem Hamburger Abendblatt. „Die landen im Bundeshaushalt. Da ist es recht und billig zu fordern, dass wir diese vier Milliarden Euro für den Erhalt der Verkehrsinfrastruktur einsetzen.“

Meyer ist derzeit Vorsitzender der Konferenz der Länderverkehrsminister. Zugleich muss er die Rader Hochbrücke im Verlauf der A7 in Schuss bringen – ein besonders krasses Beispiel für die Folgen fehlenden Geldes beim Erhalt der Verkehrsinfrastruktur. Die „wichtigste Brücke in Schleswig-Holstein“ (Meyer) ist erst gut 40 Jahre alt, aber schon so kaputt, dass sie von Lastwagen nicht mehr befahren werden kann und Pkw nur noch eine Spur pro Fahrtrichtung benutzen können. Vier Monate soll die Reparatur dauern, rund eine Million Euro soll sie kosten. Insgesamt 7,2 Milliarden Euro werden benötigt, um den Sanierungsstau auf Straßen, Schienen und Wasserwegen in Deutschland zu beseitigen. Das geht aus einem Gutachten der Verkehrsministerkonferenz hervor.

Der Finanzierungsvorschlag von Reinhard Meyer hat ein unterschiedliches Echo hervorgerufen. Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) ging zwar nicht direkt auf den Vorstoß seines Parteifreundes ein, sprach aber von einer „hilfreichen Debatte“. Allerdings hat Scholz dabei das Jahr 2020 im Blick, wenn der Solidarpakt in seiner jetzigen Form ausläuft. „Der Soli kann politisch nach dem Ende des Jahrzehnts nur weiter gerechtfertigt werden, wenn es für seine Erhebung einen neuen vernünftigen Grund gibt“, sagte der Bürgermeister.

Scholz hatte vorgeschlagen, die Einnahmen des Solidaritätszuschlags zu verwenden, um die Länder nach Einführung der Schuldenbremse von den Zinsen der alten Schulden zu entlasten. „Das hat viel Unterstützung gefunden“, sagte Scholz. Über die unterschiedlichen Vorschläge müsse die Diskussion jetzt geführt werden, „damit sie rechtzeitig vor 2020 zu konkreten Entscheidungen führt“.

Der CDU-Verkehrsexperte und Hamburger Bundestagsabgeordnete Dirk Fischer lehnt den Vorschlag des schleswig-holsteinischen Verkehrsministers ab. „Das ist sachlich völlig daneben, weil die Zweckbestimmung des Soli der Aufbau Ost ist“, sagte Fischer. Die CDU will laut Bundestagswahlprogramm in der kommenden Legislaturperiode fünf Milliarden Euro in die Sanierung des Straßennetzes investieren.

Laut Christian Schäfer vom Automobilclub ADAC Hansa gibt der Bund in diesem Jahr nur 830 Millionen Euro für Autobahnbrücken und -tunnel aus. „Dabei müssten allein für die Brücken 1,4 Milliarden Euro investiert werden“, sagt er.

Auch Schleswig-Holstein hat zu wenig Geld, um die Landesstraßen in Schuss zu halten. Meyer schätzt, dass er jährlich etwa 30 Millionen Euro benötigt, um zu verhindern, dass der Zustand noch schlechter wird. Aber er hat in diesem Jahr nur 11,5 Millionen Euro zur Verfügung. „Wir verwalten einen Notstand“, sagte er.