Das Forschungsinstitut Empirica kam zu dem Ergebnis, dass sich Eigentümer genau informieren sollten, ob sich eine energetische Sanierung rechnet.

Immer wieder wirbt die Bundesregierung für die energetische Modernisierung des Gebäudebestandes. Man könnte meinen, hierzulande gebe es einen Sanierungsstau. Doch eine Empirica-Studie kommt jetzt zu einem ganz anderen Ergebnis. Danach ist der energetische Zustand von deutschen Ein- und Zweifamilienhäusern bis Baujahr 1978 sogar beeindruckend gut: 81 Prozent der Heizungsanlagen sind hoch oder höchst effizient, 96 Prozent aller Fenster sind mindestens zweifach verglast und in 69 Prozent der Häuser ist zum Dach oder zur oberen Geschossdecke hin gedämmt worden. Einzig bei der Außenwanddämmung und der Kellerdecken-/Fußbodendämmung ist mit 35 Prozent bzw. 24 Prozent bislang erst eine Minderheit der Häuser gedämmt.

Empirica-Vorstand Harald Simons rät Eigentümern daher, sich nicht von den vielen Berechnungen blenden zu lassen, die oft für energetische Sanierungen angeführt werden. "Solche Maßnahmen sind oftmals unwirtschaftlich, sollten allenfalls angedacht werden, wenn eine Maßnahme im oder am Gebäude ansteht und der Wohnkomfort dadurch verbessert wird."

Simons erstaunt, dass die hohen Kosten für energetische Sanierungen bislang kaum eine Rolle in der Debatte spielen. "Und dass, obwohl die Preise für energetische Sanierungen nicht gesunken, sondern sogar gestiegen sind." Das zeigten Daten des Statistischen Bundesamtes. Danach sei das Einbringen einer Dämmschicht um 35 Prozent gestiegen, der Preis für einen Brennwertkessel inklusive Einbau seit dem Jahr 2000 um 40 Prozent. Simons: "Und dabei könnte man doch davon ausgehen, dass durch die zunehmende Marktbreite, durch Skaleneffekte oder durch günstige Importe aus Fernost - analog den Solarzellen - die Preise gesunken sind." Offensichtlich existiere "ein gewisser Preistreiber" für energetische Sanierungen, dessen Ursache man nachgehen müsse.

In 15 Jahren liegt die Ersparnis bei den Betriebskosten bei 117 Euro/m²

Viele der Maßnahmen, so habe die Studie gezeigt, erbrächten längst nicht die Ersparnisse wie behauptet. Simons verweist dabei auf den Nebenkostenspiegel des Deutschen Mieterbundes, wonach Mieter im Mittel für Heizung und Warmwasser 1,09 Euro pro Quadratmeter zahlten. "Kann man diese Kosten, wie behauptet, durch energetische Maßnahmen um 60 Prozent senken, komme ich auf einen Betrag von 65 Cent im Monat, also 7,85 Euro im Jahr oder 117,72 Euro/m² in 15 Jahren, die man einspart." Berücksichtige man, dass Betriebskosten auch noch Kosten für Wartung enthielten, seien die tatsächlichen Einsparungen sogar noch geringer. "Eine Vollsanierung kostet aber ein Vielfaches davon", bilanziert Simons. Einschätzungen, denen der Verband Privater Bauherren (VPB) in Berlin und der Grundeigentümerverband Hamburg zustimmen. "Die Einsparungen sind schon allein deshalb nicht so hoch wie behauptet, weil die Menschen längst umgedacht haben und sich sparsam verhalten", sagt Heinrich Stüven. Auch Eva Reinhold-Postina vom VPB spricht von idealisierten Modellrechnungen. Sie rät: "Erst modernisieren, wenn eine Maßnahme ansteht. Und dann vorher unbedingt unabhängigen Rat einholen." Dass gut sanierte Haushalte Energie einsparten, stimme ohnehin nicht, so Simons. Das zeigten weitere Studien zu dem Thema.