Die grünen Flächen der Indus-Ebene sind durch den Klimawandel bedroht. Die Bauern brauchen Hilfe, um sich an die Folgen anzupassen.

In Pakistan versorgt ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem die grünen und üppigen Flächen der Indus-Ebene mit Wasser aus dem Himalaya. Es ist mit über 60.000 Kilometern eines der längsten der Welt. Denn Landwirtschaft ist hier eine der wichtigsten Einkommensquellen und Lebensgrundlage zugleich. In der Wintersaison, genannt Rabi, gedeihen Getreide und Hülsenfrüchte. Sie werden im November gesät und von April bis Mai geerntet. Baumwolle und Zuckerrohr hingegen wachsen in der Sommersaison Kharif, die vom Monsun geprägt ist. Doch die Grenzen zwischen den Jahreszeiten verwischen immer mehr, sodass sich die Saat- und Erntetermine verschieben. Doch das sind nicht die einzigen Veränderungen durch den Klimawandel.

In Pakistan besitzen 80 Prozent der Landwirte weniger als zwei Hektar Land. Sie leiden zunehmend unter Dürren, Überschwemmungen, Stürmen und extremen Temperaturen. Immer häufiger haben die Bauern mit Schädlingen und Krankheiten zu kämpfen. Durch eine Flutkatastrophe im Jahre 2010 verloren viele ihre Ernte oder sogar ihr Land. Im Exzellenzcluster CliSAP an der Universität Hamburg untersuche ich deshalb, welche Regionen besonders gefährdet sind und wie sich die Bauern an die Änderungen anpassen können. Dazu befragte ich 450 landwirtschaftliche Haushalte in der Provinz Punjab. Diese bevölkerungsreiche Provinz gilt aufgrund der fruchtbaren Bedingungen auch als die Kornkammer des Landes.

Klimaforschung

Exzellenzcluster

Die Klimaforschung in Hamburg genießt internationales Renommee. Das Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit der Universität Hamburg (CEN), das Max­-Planck-­Institut für Meteorologie, das Institut für Küstenforschung des Helmholtz-­Zentrums Geesthacht und das Deutsche Klimarechenzentrum bilden gemeinsam den Exzellenzcluster für Klimaforschung (CliSAP).

Präsentation

Einmal im Monat präsentieren CliSAP-Forscher den Lesern des „Hamburger Abendblatts“ Ergebnisse aus ihren Gebieten. Heute: Dr. Muhammad Abid forscht als Agrarökonom im Exzellenzcluster CliSAP an der Universität Hamburg und ganz frisch als Assistenzprofessor in Islamabad, Pakistan.

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Zunächst interessierte mich, wie die Bauern die Klimaänderungen und die dadurch auftretenden Risiken wahrnehmen. Hatten sie in den letzten zehn bis 20 Jahren Änderungen im Niederschlag oder bei den Wachstumsperioden beobachtet? Welche Schäden sind konkret aufgetreten, hatten sie zum Beispiel weniger Ernte durch Erosion des Bodens, durch Schädlinge oder Pflanzenkrankheiten? Und wie gefährdet sehen sie ihre eigene Existenz? Ich ermittelte, in welchem Rahmen die Bauern die Klimarisiken bereits selbst bewältigen, welche Faktoren dabei ihre Anpassung behindern und ob sie von der lokalen Regierung unterstützt werden.

Die Ergebnisse spiegeln zunächst deutlich die vorherrschenden Umweltbedingungen wider, die Verfügbarkeit von Ressourcen wie Wasser und fruchtbarem Boden und die Verbreitung von Armut. So wurden im Westen der Provinz vor allem Insektenplagen, Krankheiten bei Tieren und Menschen und Bodenerosion genannt. Dies stimmt mit den Klimaaufzeichnungen der vergangenen 30 Jahre gut überein: Mehr Niederschläge und zwei große Flutereignisse, die fruchtbaren Boden von den Äckern spülten, bieten gleichzeitig günstige Bedingungen für Krankheitserreger. Im Zentrum und Norden Punjabs, wo laut Aufzeichnungen die Temperaturen gestiegen sind und deutlich weniger Regen fiel, klagten die Bauern dagegen hauptsächlich über Dürren und weniger Ernte.

Der Klimawandel selbst ist rund zwei Dritteln der Bauern bewusst. Etwa die Hälfe versucht bereits, das Saatgut sowie die Termine für Aussaat und Ernte daran anzupassen. Das gelingt jedoch nicht allen. Viele erfolglose Bauern wandern in die Städte ab und suchen dort nach Arbeit, oft vergeblich. Wenn sie bei der Anpassung Hilfe bekämen, würden viele Bauern bleiben, dies zeigen meine Ergebnisse deutlich. So fehlt es vor allem an konkreten Angeboten und Kommunikationswegen. Hier könnten die lokalen Regierungen nachrüsten – und so die Landflucht stoppen. Den Bauern regionale Wettervorhersagen und Frühwarnsysteme für extreme Ereignisse zugänglich zu machen, wäre ein erster wichtiger Schritt.