Neue Messung: Wasser drei Grad zu warm. Warmphase dauert ungewöhnlich lange. Jetzt auch Gefahr durch “Wasserhosen“.

Hamburg. Die Klimaerwärmung heizt die Nordsee immer mehr auf: Die Temperatur liegt in diesem Sommer um 1,7 Grad höher als im Durchschnitt der Messungen seit 1968 - und verlängert die bereits ungewöhnlich lang andauernde Warmphase des Meeres noch einmal. Dies sei ein "untrügliches Zeichen", dass der Klimawandel die Nordsee erreicht habe, sagt Ozeanograf Dr. Gerd Becker. Der Wissenschaftler vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrografie (BSH) kehrte gestern auf dem Forschungsschiff "Gauss" in den Heimathafen Hamburg zurück.

Laut Becker hätte die seit 1988 anhaltende Warmphase der Nordsee längst von einer Kaltphase abgelöst werden müssen. "Normalerweise wechseln die Warm- und Kaltperioden alle acht bis zwölf Jahre." Grund dafür sind, so meinen die Forscher, bestimmte Konstellationen von Islandtief und Azorenhoch und womöglich wechselnde Meeresströmungen. Doch auch in diesem Jahr bleibt die Kaltphase aus. Im Gegenteil: Nord- und Ostsee haben im Rekord-Juli ungewöhnlich viel Wärme gespeichert. Becker: "In der Nordsee liegen wir nur wenige Zehntel Grad unter den Rekordjahren 2003 und 1976."

In der Deutschen Bucht und entlang den Küsten ist die Wassertemperatur noch extremer: Sie liegt zurzeit drei Grad über dem typischen August-Durchschnittswert von 17 Grad. "Gerade flache Küstengewässer reagieren relativ stark auf die Rekordtemperaturen des Juli", erklärt Günter Delfs vom Deutschen Wetterdienst (DWD).

Nicht nur Badegäste freuen sich, auch wärmeliebende Fische wie Makrelen, Sardinen, Sardellen profitieren von der Entwicklung. Andere Arten, etwa der Kabeljau, könnten jedoch allmählich in kältere Gewässer auswandern. Solche Effekte beobachten bereits Forscher der Biologischen Anstalt Helgoland. Eine wichtige Rolle spielen dabei die milderen Winter. Auch in diesem Jahr könnte das Wasser lange relativ warm bleiben. Zu den Leidtragenden könnten die Küstenbewohner gehören. "Häufigere Starkwinde, die die Klimatologen vorhersagen, werden zu höheren Wellen führen, die eine stärkere Erosion an der Küste verursachen", warnt BSH-Forscher Becker.

Das warme Wasser und der kühlere August haben auch Tornados über dem Meer ("Wasserhosen") begünstigt. Bei den Küstenfunkstellen ("DP07") gingen im August vermehrt UKW-Funkmeldungen von Seglern über Wasserhosen auf der westlichen und südlichen Ostsee ein. "Unsere Kollegen in Boltenhagen haben dies auch beobachtet", so DWD-Sprecher Delfs, "und am 3. August gab es vor Büsum eine Wasserhose."