Es gibt einen Impfstoff. Doch das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit lehnt dessen Einsatz ab. Die Gründe und der Ausweg.

Sie wurden eingefangen, mit Stromschlägen oder Gas getötet. 205 000 Enten mussten in der Oberpfalz ihr Leben lassen, nachdem in dem Bestand das auch für den Menschen gefährliche Vogelgrippe-Virus H5N1 entdeckt worden war. 10 000 Tiere wurden pro Stunde bei dieser größten Tötungsaktion von Geflügel, die je in Deutschland durchgeführt wurde, vernichtet. Eine Woche zuvor waren erst 166 000 Enten auf einem Geflügelmastbetrieb in der Nähe von Erlangen gekeult worden. Noch immer wird in Deutschland das Geflügel nicht geimpft - obwohl es einen Impfstoff gegen die Vogelgrippe gibt. Er wird beispielsweise in Asien eingesetzt.

Doch innerhalb der Europäischen Union (EU) gilt ein Impfverbot, nur die Niederlande und Frankreich haben eine spezielle Ausnahmegenehmigung beantragt und erhalten.

Wer impft, darf seine Tiere nicht mehr exportieren. Die EU begründet das Impfverbot damit, dass es keine sichere und schnelle Möglichkeit gibt, geimpfte von erkrankten Tieren zu unterscheiden. Denn die verfügbaren Impfstoffe mobilisieren bei den Tieren die gleichen Abwehrkörper wie der Erreger der Vogelgrippe.

Das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit mit Hauptsitz auf der Insel Riems hält aber auch aus wissenschaftlicher Sicht präventive Impfungen mit den konventionellen Impfstoffen nicht für angezeigt. Schließlich habe sich das Virus hierzulande nicht fest eingenistet - im Unterschied zu Südostasien. "Dort kommt das Virus ständig vor, ist also endemisch. Es wird daher geimpft, um die Erregerdichte in den endemisch verseuchten Gebieten zu verringern", erläutert Elke Reinking, Sprecherin des Instituts.

Zugleich arbeitet das Institut mit Hochdruck an einem neuen Impfstoff, einem sogenannten Marker-Impfstoff. Bereits im vergangenen Jahr testeten die Wissenschaftler einen Prototypen, der das Nutzgeflügel sicher vor der gefährlichen Vogelgrippe schützen kann. Die Tests an Hühnern verliefen erfolgreich. Mit einem zugleich entwickelten Bluttest kann außerdem zuverlässig zwischen geimpften und infizierten Tieren unterschieden werden. Die Zulassungsanforderungen an diesen Markerimpfstoff sind allerdings besonders hoch, da für seine Herstellung ein gentechnisch verändertes Impfvirus eingesetzt wird.

Der neue Kombinations-Impfstoff schützt vor den beiden Geflügelkrankheiten, der Newcastle Disease und der Vogelgrippe. Der Impfstoff gegen Newcastle Disease - auch atypische Geflügelpest genannt - wird dem Geflügel seit Jahren erfolgreich mit Spray oder als Zusatz im Wasser verabreicht. "Auch der neue Marker-Impfstoff kann über das Trinkwasser oder als Spray verabreicht werden. Derzeit arbeitet das Institut an einer Optimierung des Impfstoff-Prototyps. Im nächsten Jahr soll er dann unter Praxisbedingungen getestet werden. Hierzu soll Geflügel in einer normalen Haltung über Trinkwasser und Spray geimpft werden. Nach einiger Zeit, in der sich der Impfschutz aufbauen sollte, werden einige Tiere aus dem Bestand genommen und am Friedrich-Loeffler-Institut in Riems unter entsprechenden Sicherheitsbedingungen mit Geflügelpestviren infiziert, um den Impfschutz zu überprüfen", schildert Elke Reinking das weitere Vorgehen. Wenn diese und weitere Tests, die die europäische Zulassungsbehörde EMEA in England vorschreibt, erfolgreich abgeschlossen sind, könnte der Marker-Impfstoff frühestens 2010 zur Verfügung stehen.

Vorsorge ist also gegenwärtig der einzige Schutz. Tierschützer verlangen daher erneut die Abkehr von der Massentierhaltung. Das Vogelgrippe-Virus könne sich leicht ausbreiten, so die Tierschutzorganisation "Vier Pfoten", wenn beispielsweise 400 000 Wasservögel in Masthallen eingezwängt werden.