Erstmals gibt es ein Gesetzeswerk für die Haltung der etwa 300 000 Nerze in Deutschland. Es sorgt für mehr Platz und Käfigausstattung. Tierschützer kritisieren aber lange Übergangsfristen.

Die kleinen Marder leben am Wasser und ernähren sich von verschiedenen Wirbellosen, aber auch Vögeln und Kleinsäugern." Wer diese Beschreibung in einem Naturführer liest, denkt an ein kleines braunes Raubtier, das emsig an Flussläufen herumwuselt. Für einige Artgenossen mag dies zutreffen, doch die Mehrzahl der hier beschriebenen Minks fristet ein Leben in Drahtkäfigen ohne Bade- und Beschäftigungsmöglichkeiten. Minks sind amerikanische Nerze, von denen um die 300 000 Exemplare auf 26 deutschen Farmen heranwachsen. Eine Haltungsverordnung für Pelztiere soll den Nerzen nun das Leben erleichtern.

Die gerade in Kraft getretene Regelung schreibt erstmals konkrete Anforderungen für die kommerzielle Haltung von Nerzen, Iltissen, Füchsen, Marderhunden, Sumpfbibern und Chinchillas vor. Sie ist eine Reaktion auf einen Bericht der Europäischen Kommission, der schon Ende der 90er-Jahre auf erhebliche Tierschutz-Defizite der Pelztierhaltung in den Mitgliedsländern hingewiesen hatte. In Deutschland spielt nur noch die Nerzzucht eine Rolle. Die Marder sollen zukünftig in mit Plattformen, Tunnelröhren und Schwimmbecken angereicherten Käfigen leben dürfen. Jedem Tier wird ein Quadratmeter Fläche zugestanden - fast viermal so viel wie bisher.

Tierschützer sehen die Verordnung als ersten Erfolg, bemängeln aber die langen Übergangsfristen von bis zu zehn Jahren. Schließlich sei die Diskussion um diese Regeln nicht neu, sodass die Farmen Zeit hatten, sich vorzubereiten. Das Regelwerk sei dennoch ein "Etappenziel für den Tierschutz", betont zum Beispiel die Hamburger Stiftung Vier Pfoten: "Die tierquälerische Haltung von Pelztieren in Deutschland wird zukünftig erheblich schwieriger." Artgerechte Haltungsbedingungen für die "nahezu nicht domestizierten Wildtiere" seien damit aber kaum möglich.

Zudem kommt nicht jeder Farmpelz aus Europa. Preiswerte Massenware werde zu großen Teilen in Asien, besonders in China hergestellt, betont die Verbraucher-Initiative: "Unter welchen Bedingungen die dort verarbeiteten Pelze erzeugt wurden, bleibt für Verbraucher vollständig im Dunkeln." Diese hätten keine Möglichkeit, Ware aus weniger quälerischer Haltung zu erkennen, monieren die Verbraucherschützer.

Auch ist nur etwa jedes zweite Tier, dem für ein Kleidungsstück das Fell über die Ohren gezogen wurde, ein Zuchttier (Nerz, Fuchs, Nutria, Finnraccoon, Iltis, Chinchilla, Zobel). Nach Angaben des Deutschen Pelz-Instituts - des Verbandes der Pelzindustrie - liegt ihr Anteil bei 47 Prozent. Knapp 38 Prozent stammen aus landwirtschaftlicher Haltung, etwa Lamm, Zickel, Karakul (Persianer), Kalb und Kanin(chen), weitere 15 Prozent aus freier Wildbahn: Bisam, Waschbär, Kojote, Opossum, Nutria, Rotfuchs, Wildkaninchen, Hamster, Wiesel, Biber, Feh (Eichhörnchen), Luchskatze, Zobel und - erwachsene - Robben.

In der Aufzählung der Tierarten durch das Deutsche Pelz-Institut (DPI) fehlen Hunde und Katzen. Die europäische Pelzbranche habe im Jahr 2002 freiwillig vereinbart, auf den Handel mit Hunde- und Katzenfellen zu verzichten, so das DPI. Mit Blick auf ein mögliches EU-weites Importverbot für diese Felle heißt es: "Wir fragen uns, warum Zeit und Ressourcen für einen Gesetzgebungsprozess zur Einführung eines Handelsverbots verschwendet werden, wenn es diesen Handel nicht gibt."

Das sehen Tier- und Verbraucherschützer ganz anders. Nicht selten stamme das flauschige Fell am Stiefelrand oder Mantelkragen von Hunden oder Hauskatzen, die in Asien unter Qual gehalten würden, so die Verbraucher-Initiative (VI). Fast die Hälfte des europäischen Pelzumsatzes werde mit kleinteiligen Pelzen gemacht, so die VI. Konsumenten hätten kaum eine Chance, deren Herkunft zu erkennen, selbst wenn Etiketten Handelsnamen nennen. Die Verbraucherorganisation zählt fast 40 Handelsnamen auf, hinter denen sich diese Felle verbergen. So weisen Asian Jackal, China-Wolf oder Lamb Skin auf das Pelztier Hund, Maopi, Lipi oder Schecken-Katze auf Hauskatzenfelle hin.

Auch bei anderen Fellen sei nicht klar, von welchem Tier der Pelz stamme, kritisiert die VI, denn es gebe keine gesetzlichen Vorschriften zur Kennzeichnung von Pelz und Pelzprodukten. So kommt Robbenfell zum Beispiel als Lakoda und Hamsterpelz als Zobelkanin auf den Markt.

Angesichts mangelnder Transparenz und der ethisch fragwürdigen Haltung von Wildtieren zur Pelzgewinnung empfiehlt die VI, lieber nach Hinweisen wie "Felloptik" oder "Webpelz" zu suchen - für die Pelzimitate musste mit Sicherheit kein Tier leiden.