Eine neuer Weg für Eingriffe im Bauchraum: die sogenannte transgastrische Operation. Spezialisten für endoskopische Chirurgie aus Indien stellen das Verfahren den 2500 Medizinern beim Kongress des Endo Clubs Nord im CCH vor. Das Abendblatt hat mit den Professoren gesprochen.

Chirurgische Eingriffe ohne Narben - dabei handelt es sich nicht um Zauberwerk, sondern um ein neues Konzept der Chirurgie, ein Höhepunkt des diesjährigen Kongresses des Endo Clubs Nord, der zurzeit mit 2500 Teilnehmern im Hamburger Congress Centrum stattfindet. Über die neue Technik, die sogenannte transgastrische Operation, sprach das Abendblatt mit den indischen Professoren Dr. D. Nageshwar Reddy, Gastroenterologe und Endoskopiespezialist, und Dr. G. Venkat Rao, Spezialist für minimal invasive Chirurgie.

Mit dieser Technik gehen die Ärzte einen neuen Weg, um Organe im Bauchraum zu operieren. Bisher haben sie damit schon 20 Patienten am Blinddarm operiert. Die Mediziner ersetzen den herkömmlichen Schnitt in der Bauchwand durch einen Schnitt in der Wand des Magens. "Der normale Zugang bei Operationen im Bauchraum ist die Bauchwand über die offene Chirurgie oder eine Bauchspiegelung. Wir operieren jetzt Patienten, indem wir ein Endoskop wie bei einer Magenspiegelung in den Magen vorschieben, einen Schnitt von einem Zentimeter Länge in der Magenwand vornehmen und dann von dort aus die gleiche Operation durchführen wie von außen", erklärt Rao.

Vor sechs Jahren begannen die beiden Spezialisten, diese Methode an Tieren zu erproben. 2003 behandelten sie dann damit den ersten Patienten. "Er litt an einer Hauterkrankung, sodass wir ihn nicht mit der traditionellen Chirurgie behandeln konnten. Bei diesem Patienten führten wir über den Zugang durch den Magen eine Gewebeentnahme aus der Leber durch", berichtet Reddy. "Einige Monate später folgte die erste Appendektomie, die Entfernung eines entzündeten Blinddarms, bei einem Patienten, dessen Bauchwand nach einer Brandverletzung stark vernarbt war, sodass wir ihn nicht auf herkömmliche Weise operieren konnten. Deshalb wählten wir den Weg durch den Magen, schoben die winzigen Instrumente bis zu dem stark entzündeten Wurmfortsatz vor und entfernten ihn", so der Endoskopie-Spezialist weiter. Auf dem Kongress stellen die beiden Experten jetzt ihre Behandlungsergebnisse vor.

Der große Vorteil der etwa einstündigen Operation: Der Patient behält von dem Eingriff keine Narben zurück. "Und er hat weniger Schmerzen, weil der Schnitt in der Bauchwand entfällt", betont Rao. Schwerwiegende Komplikationen seien bei den Eingriffen bisher nicht aufgetreten.

Das Wichtigste in der Entwicklung der Methode sind jetzt neue Instrumente. "Zurzeit verwenden wir Instrumente, die in der konventionellen Endoskopie eingesetzt werden. Deswegen ist die Methode auf drei Eingriffe begrenzt, die Appendektomie, die Unterbindung der Eierstöcke bei Frauen zur Sterilisation und die Leberbiopsie", sagt Rao.

Mit besseren Instrumenten, so hoffen die Experten, können sie in Zukunft drei weitere Eingriffe vornehmen: Die Verkleinerung des Magens bei stark übergewichtigen Menschen, die Entfernung der Gallenblase und eine Operation zur Behandlung des Refluxes von Magensaft in die Speiseröhre.

Vielleicht könnte die Methode schon in fünf bis zehn Jahren zum Standardverfahren werden. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Damit sich das Verfahren im klinischen Alltag etabliert, muss es erst einmal mit Experten aus der ganzen Welt diskutiert und weiterentwickelt werden und von den Mitgliedern der Fachdisziplinen erlernt und akzeptiert werden.

Deshalb wird auch die Kongressveranstaltung, auf der die beiden Professoren erstmals in der westlichen Welt Pro und Kontra dieser Technik diskutieren, mit Spannung erwartet.

"Die beiden indischen Kollegen sind weltweit die Pioniere auf diesem Gebiet. Es ist eine sehr radikale konzeptionelle und auch provokative Innovation und wird eine Menge verändern, besonders das chirurgische Denken und Handeln", sagt Prof. Friedrich Hagenmüller, Tagungspräsident und Chefarzt der Inneren Medizin an der Asklepios-Klinik Altona.

Vorgestellt wird auf der Tagung auch eine Weiterentwicklung der Darmspiegelung mit der verschluckbaren Videokapsel, die selbstständig Bilder aus dem Inneren des Darmes nach außen funkt. Bislang konnte damit nur der Dünndarm untersucht werden. "Jetzt gibt es eine Kapsel, die bereits in Studien getestet wird, mit der wir auch den Dickdarm untersuchen können. Das Neue daran: Damit die Stromversorgung der Kapsel, die ungefähr so groß ist wie ein Fruchtdrops, auch noch ausreicht, wenn sie im Dickdarm angekommen ist, schaltet sich die Batterie der Kapsel drei Minuten nach dem Verschlucken ab und drei Stunden später, kurz bevor sie in den Dickdarm übertritt, wieder ein", erklärt Hagenmüller.

Neu ist auch, dass die Kapsel jetzt auf dem Weg durch den Darm an beiden Seiten eine Kamera hat, sodass sie immer gleichzeitig zwei Bilder aufnehmen kann, also vier Bilder in einer Sekunde. Bei der Untersuchung mit der Kapsel gibt es noch zwei Probleme: "Zum einen müssen die Patienten vorher drastische Abführmaßnahmen in Kauf nehmen, weil der Dickdarm sehr sauber sein muss, um verwertbare Bilder zu erhalten", so Hagenmüller. Außerdem wird die Kapsel allein durch die Darmbewegung vorangetrieben, ist also nicht steuerbar.

"Deswegen gibt es jetzt noch ein zweites Verfahren, das ebenfalls in Studien getestet wird, das sogenannte Aeroskop. Dabei wird die Videokapsel, verbunden mit einem Schlauch, in den Dickdarm eingeführt und kann dann mithilfe eines Ballonsystems im Darm auf und ab geschoben und so gesteuert werden", erklärt Hagenmüller.

Weiteres Thema des Kongresses ist eine neue Methode, um versprengte Inseln von Magenschleimhaut in der Speiseröhre zu behandeln. "Etwa fünf Prozent der Menschen haben solche versprengten Inseln von Magenschleimhaut im oberen Teil ihrer Speiseröhre.

Durch Absonderung von Magensäure können sie Beschwerden verursachen, wie zum Beispiel Kloßgefühle oder ständiges Räuspern", erklärt Hagenmüller. In der Klinik für interdisziplinäre Endoskopie unter Leitung von Prof. Nib Souhendra am UKE wurde jetzt eine neue Therapiemethode entwickelt, mit der diese Schleimhautinseln verödet werden und die Beschwerden beseitigt werden können. Bislang sind 24 Patienten mit dieser Methode behandelt worden.

Während des zweitägigen Kongresses werden Live-Endoskopien aus den drei Endoskopie-Zentren in den Asklepios-Kliniken Altona und Barmbek und dem Universitätsklinikum Eppendorf direkt ins CCH übertragen und anschließend unter den Teilnehmern diskutiert.

Zeitgleich zum Kongress des Endo-Klubs tagt in der Hamburger Handelskammer das 15. Hamburger MIC-Symposium, ein Fachkongress für Schlüssellochchirurgie, mit 600 Teilnehmern. Sieben Stunden lang werden schwierige Operationen, die von Spezialisten aus Südafrika, Saudi-Arabien, Italien und Deutschland durchgeführt werden, aus vier Operationssälen des UKE live in die Handelskammer übertragen. Schwerpunkt der Tagung ist die Tumorchirurgie.