Herztod durch Stress. Dieses Phänomen ist vielfach belegt. Unter psychischem Druck sterben mehr Menschen als in entspannten Phasen. So steigt das...

Herztod durch Stress. Dieses Phänomen ist vielfach belegt. Unter psychischem Druck sterben mehr Menschen als in entspannten Phasen. So steigt das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden zum Beispiel bei Erdbeben oder in Zeiten kriegerischer Auseinandersetzungen. Aber sind solche Umstände dann wirklich die Ursache für einen Herztod? Schließlich liegen gerade plötzlichen Todesfällen in der Regel schwer wiegende organische Erkrankungen zugrunde, die vielleicht bis dahin unentdeckt geblieben sind, dann aber zum Zusammenbruch der lebenswichtigen Funktionen führen. Sind extreme äußere Umstände also nur der Anlass, nicht aber die Ursache des Herztodes? Nehmen stressbedingte Situationen vielleicht einen Herztod nur vorweg? Dann müsste eine auffällig hohe Zahl von Herztoten bei Stress auslösenden Großereignissen schnell wieder ausgeglichen werden durch weniger Todesfälle in der Folgezeit. Diese Frage stellten sich Mediziner aus München und untersuchten die Notarzteinsätze während der Fußball-WM 2006.

Deren überraschendes Ergebnis: Bei den für Deutschland wichtigen Spielen gab es im Ballungsgebiet München drei- bis viermal so viele Herzinfarkte, und zwar "unmittelbar vor den Spielen bis zwei Stunden danach", erläutert Prof. Dr. Gerhard Steinbeck vom Klinikum Großhadern der Universität München, "und es ging nicht um harmlose Kollapse, sondern um lebensgefährliche Zusammenbrüche". Er und sein Team hatten alle Notarzteinsätze ausgewertet. Anhand der unterschiedlichen Häufigkeit der Notrufe ließ sich dabei sogar die Bedeutung des Spiels für die deutsche Mannschaft ablesen. Je wichtiger das Spiel für ein Weiterkommen war, desto mehr Notarzteinsätze wegen lebensgefährlicher Herzerkrankungen gab es.

Eine weitere statistische Auffälligkeit: Das Risiko bei Bewohnern in der Stadt war fast dreimal so hoch wie auf dem Land. Und Männer waren doppelt so oft betroffen wie Frauen.

Wenn er die Münchner Ergebnisse auf Deutschland hochrechne, so Steinbeck, habe es während der Fußball-WM 2006 "1353 zusätzliche Notfälle pro Spiel" gegeben. Dennoch handele es sich um ein "überschaubares Risiko", das sich gut medizinisch erklären ließe.

Bei emotionaler Anspannung, also bei Stress, komme es zur "Ausschüttung von Stresshormonen". Diese könnten sogar Entzündungsreaktionen auslösen.

Ein Ereignis wie die Fußball-Weltmeisterschaft könne bei einem Fan ähnliche körperliche Reaktionen auslösen wie andere emotionale Situationen: Aufregung, Angst, Trauer, Wut, Erschöpfung, Mutlosigkeit oder Depression. Steinbeck: "Eine Weltmeisterschaft bietet dafür die ideale Möglichkeit der Untersuchung."