... und ich sage dir, wer du bist. Millionen Japaner glauben daran. Charakterbestimmung nach einem Labortest? Das ist Aberglaube. Dennoch steckt viel Wahrheit im Blut, sagen die Wissenschaftler.

Den Charakter eines Menschen zu erkennen ist nicht einfach; die Blutgruppe zu bestimmen dagegen ein Klacks. In Japan sind allerdings Millionen Menschen überzeugt, dass beides eng zusammenhängt. Fünf Millionen Bücher zu diesem Thema wurden dort im vergangenen Jahr verkauft. Computerspiele werden je nach Blutgruppe der Nutzer maßgeschneidert angeboten, und niemand wundert sich über die Frage: "Welcher Blutgruppen-Typ sind Sie?" Japans Ministerpräsident hat sich zur Blutgruppe A bekannt und damit als "empfindsamer Perfektionist" geoutet. Auch ein wenig Ängstlichkeit wird den "A-lern" unterstellt, im Gegensatz zu den Frohnaturen der Blutgruppe B, der Neugierde der Blutgruppe 0 (Null) oder der Neigung zum Geheimnisvollen bei allen, die AB haben. Was ist dran an dieser Art der Charakterbestimmung?

Für Prof. Dr. Peter Kühnl (64), den Direktor des Instituts für Transfusionsmedizin des Uniklinikums Eppendorf (UKE), gehören diese Zusammenhänge zur "ostasiatischen Folklore", also jenseits medizinischer Erkenntnisse. Beim Besuch eines japanischen Tempels ist er ihnen selbst begegnet. Dort bedienten sich Besucher aus vier Zettelkästen, getrennt nach Blutgruppen, mit horoskopähnlichen Vorhersagen.

Aber es gibt auch ernst zu nehmende Versuche, zum Beispiel nach gehäuftem Auftreten bestimmter Erkrankungen zu fahnden aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Blutgruppe. So sind Menschen mit der Blutgruppe 0 häufiger von Magengeschwüren betroffen, ergaben wissenschaftliche Studien. Die US-Forscher der Washington-Universität in St. Louis (Missouri) fanden für diese erhöhte Wahrscheinlichkeit auch eine Begründung: Denn das verantwortliche Bakterium (Helicobacter pylori) heftet sich mit Vorliebe an Zellen, die einen für die Blutgruppe 0 typischen Faktor tragen. Doch seien solche statistischen Auffälligkeiten derart gering, erläutert Kühnl, dass sie überhaupt nur bei der Auswertung der Daten von mehreren Hunderttausend Patienten auffielen. Die Blutgruppe 0 allein ist kein Risikofaktor, auch nicht beim Magengeschwür. Denn das genannte Bakterium sucht sich auch noch andere Bindungsorte, zum Beispiel spezielle Zuckermoleküle ("Sialinsäure"), die bei allen Menschen anzutreffen sind. Für die Erforschung neuer Wirkstoffe sind solche Erkenntnisse dennoch interessant, weil man nun versuchen kann, die speziellen Andockstellen so zu blockieren, dass sich auf diesem Wege kein Magengeschwür mehr bilden kann.

Die klassische Einteilung in die vier Blutgruppen (A, B, 0, AB) ist nur ein grobes Muster. Immerhin zeigt ein Blick auf die Blutgruppen-Weltkarte eine sehr ungleiche Verteilung. Blutgruppe B haben hierzulande elf Prozent der Bewohner, in Ostasien, in Russland oder Sibirien aber 50 Prozent. Und die mit rund 39 Prozent bei uns schon stark vertretene Blutgruppe 0 ist unter indianischen Volksstämmen zum Beispiel bei 95 Prozent anzutreffen. Diese genetisch bedingten Unterschiede geben wichtige Hinweise darauf, wie die Besiedlung durch den Menschen abgelaufen ist, sagt Kühnl.

Auch die Grundthese der Evolution, dass der am besten Angepasste die größten Überlebens- und Fortpflanzungschancen hat, lässt sich an Besonderheiten des Blutes ablesen. So schützt ein spezielles Antigen, der Duffy-Faktor, seinen Träger vor Malaria. Denn dieser Blutfaktor verhindert, dass der von der Anophelesmücke übertragene Erreger in die roten Blutkörperchen eindringt. Diese Besonderheit hat sich im Laufe der Menschheitsentwicklung vor allem bei Afrikanern ausgebildet. Denn wer dieses Merkmal besaß, hatte damit auch deutliche Überlebensvorteile. Für die rund 16 000 in Hamburg lebenden Afrikaner könnte dies allerdings hier ein Nachteil sein. Denn es erschwert im Notfall eine genau passende Blutkonserve.

Neben den bekannten Blutgruppen gibt es zahlreiche weitere Merkmale, mit denen sich die Verschiedenartigkeit des Blutes bestimmen lässt: insgesamt 641. Die wichtigsten sind allerdings das A-B-0- sowie das Rhesussystem.

Aber keine der vielfältigen Eigenschaften des Blutes bestimmt unseren Charakter. Sehen wir das positiv: Für den müssen wir selbst sorgen!