Die Fritz-Prosiegel-Stiftung unterstützt begabte Lehrerkinder während des Studiums finanziell. Neben hervorragender Leistung wird auch soziales Engagement gefordert.

Lehrbücher, Computer, Internet, Studiengebühren und Semesterbeitrag. Studieren ist teuer geworden. Aufgrund ihrer hervorragenden Leistungen und besonderen Engagements bekommen einige Studenten Unterstützung aus privaten Initiativen. Hilke Fischer und Ole Niekerken sind zwei der 15 Stipendiaten, die die sehr speziellen Anforderungen der Fritz-Prosiegel-Stiftung erfüllt haben. "Sprache ist für mich der wichtigste Zugang zu Menschen." Schon in der sechsten Klasse tauschte Hilke Fischer mit ihrer Brieffreundin aus Tansania Kiswahili-Vokabeln aus. Heute kann sich die 21-Jährige gut in der afrikanischen Sprache unterhalten. Außerdem spricht sie Englisch, Französisch und Spanisch, lernte Latein und besuchte Seminare für das afrikanische Hausa und die Deutsche Gebärdensprache.

Auch Ole Niekerken begeistert sich schon ganz lange für sein Spezialgebiet. In der siebten Klasse verschlang er die Bücher des Physikers Stephen Hawking und ist seitdem fasziniert von theoretischer Physik. Der Wunsch, "die Welt zu verstehen" treibt den 23-Jährigen an. In der Oberstufe besuchte er neben dem Physik-Leistungskurs auch die Gruppe "Faszination Physik" am Desy: Schüler, die sich zusätzlich zur Schule in die theoretische Physik einarbeiten. Niekerken hielt Vorträge zur Lehrerfortbildung über Quantencomputer und wird noch vor der Regelzeit sein Physik-Studium an der Uni Hamburg abschließen.

Die Unterstützung durch das Stipendium , sechsmal 200 Euro bekommt sie, kann Fischer gut gebrauchen. Das kommende Jahr verbringt die Studentin an einer Partnerhochschule in Paris, um ihr Französisch zu verbessern und Arabisch zu lernen. Ein Semester in Tansania soll folgen.

Bei ihrem ersten Besuch in Afrika vor sieben Jahren lernte Fischer von einer befreundeten Entwicklungshelferin, "wie wichtig es ist, sich mit anderen Menschen auf einer Ebene unterhalten zu können". Nach ihrem Abitur am Gymnasium Osdorf im Jahr 2005 unterrichtete die junge Frau drei Monate an einer weiterführenden Schule in Tansania. An der Uni Hamburg studiert sie jetzt im dritten Semester Afrikanistik mit den Nebenfächern politische Wissenschaft und Ethnologie. "Ich möchte lernen, mich in die Menschen in Afrika hineinzuversetzen", so die Luruperin. Es sei ihr wichtig, die Leute in Deutschland für einen Kontinent zu sensibilisieren, dessen Bewohnern es auf Grund globaler Verhältnisse schlecht geht. Sie geht mit gutem Beispiel voran und kauft fair gehandelte Produkte und Obst und Gemüse im Biomarkt.

Niekerken leistete nach dem Abitur Zivildienst beim sozialpsychiatrischen Dienst in Altona. "Wenn ich heute durch Altona fahre, weiß ich, was hinter den Fassaden los ist", sagt der Eimsbüttler nachdenklich. Mit seiner Verlobten diskutiert er gerne über die Zusammenhänge von Philosophie und Physik. "Liebe kann man zum Beispiel nicht mit Physik erklären." Trotz Spitzenleistungen bleibt neben dem Studium noch genug Freizeit. "Ich nehme das meiste aus den Vorlesungen mit", erklärt der intelligente Mann. Er kocht gerne mit seiner Freundin, geht ins Fitness-Studio und mag Brettspiele. Ein- bis zweimal die Woche geht das Paar zum Tanzkurs: "Mein Lieblingstanz ist der Jive." Sein Stiftungsgeld wird Niekerken in Lehrbücher für seine Abschlussprüfungen investieren. "Viele der Bücher, die ich brauche, hat die Bibliothek nicht", bemängelt er.

Welche Zukunftswünsche haben Studenten, denen dank bester Leistungen viele Türen offen stehen? Fischer würde am liebsten für eine Nichtregierungsorganisation arbeiten, die "Konzepte vertritt, hinter denen ich stehen kann". "Ich möchte irgendwann eine Familie gründen", sagt Niekerken. Deshalb rückt sein Traumjob, Professor, in weite Ferne: "Befristete Verträge und kein gutes Gehalt, da habe ich in der Wirtschaft bessere Aussichten."

In diesem Jahr wählte das Studierendenwerk aus den 37 Bewerbungen 15 Stipendiaten aus, die mit insgesamt 20 000 Euro der Prosiegel-Stiftung gefördert werden. "Diese Studenten sind ein glänzendes Beispiel dafür, mit welch hohem Einsatz heute studiert wird und welche Qualifikationen auch an Hamburgs Hochschulen entwickelt werden", sagt Jürgen Allemeyer, Geschäftsführer des Studierendenwerks und Mitglied der Stiftungsjury. "Die Einführung der Studiengebühren erschwert die finanzielle Situation der Studenten. Das Prosiegel-Stipendium zeigt, dass mit privaten Initiativen viel erreicht werden kann."