Die Uni-Software funktioniert vier Tage nach ihrem geplanten Start noch nicht. Auch die private Jura-Uni arbeitet mit diesem System - das sie jetzt wechseln will.

Die ersten Probleme mit dem neuen Campus-Netz "Stine" ("Studien-Infonetz") waren für Uni-Sprecherin Viola Griehl noch typische "Kinderkrankheiten". Das war vor vier Tagen. Doch inzwischen ist klar: Die Systemfehler können nur mit großem Aufwand behoben werden.

Leidtragende sind die Studenten der Uni Hamburg. Rund 20 000, also die Hälfte der insgesamt 40 000, erhielten an ihren PCs nur die lapidare Meldung "Zugriff verweigert". Dabei sollten sich alle von diesem Semester an über das neue System für Veranstaltungen wie Seminare und Vorlesungen anmelden.

Wieso funktioniert "Stine" nicht? Projektleiter Michael Lohmann (42) nennt mehrere Gründe. Zunächst seien die Server unter der Last von 40 000 fast zeitgleichen Zugriffen zusammengebrochen. Dabei hätten die technischen Dimensionen der Ausstattung entsprochen, die an der Freien Universität Berlin funktioniere. Doch die Voraussetzungen der beiden großen Unis erwiesen sich offensichtlich als zu unterschiedlich.

Deshalb musste jetzt mit großem finanziellen Aufwand der Hauptspeicher des Servers von acht auf 32 Gigabyte (GB) erweitert werden. Lohmann: "Keine leichte Sache, die Hardware unter Zeitdruck zu beschaffen." Stück für Stück seien die Gigabytes aus Hamburg, Halle, München und Irland per Flugzeug und Kurier eingesammelt worden. Der Zeitaufwand: drei Tage.

Das zweite große Problem sei die Software Campus-Net, entwickelt von einer Hamburger Firma. "Stine" erstellt bei Eingabe der Benutzerkennung und des Passwortes für jeden der 40 000 Studenten ein individuelles Profil mit allen Informationen über dessen Studienfächer und Prüfungsleistungen. Die Suche nach dieser Unmenge von Informationen benötige zu viele Kapazitäten, so Lohmann.

Entwickelt hat dieses System die Hamburger Datenlotsen Informationssysteme GmbH. Sie ist spezialisiert auf Campus-Management-Systeme, mit denen an Hochschulen die Verwaltung sowie die Organisation von Lehrenden und Studierenden gesteuert werden können. Das Software-Haus ist etabliert an Privathochschulen, wie der European Business School in Oestrich-Winkel.

Auch die private Jura-Uni Bucerius Law School in Hamburg ist ihr Kunde. Dort haben Studierende mehrfach lange Wartezeiten beklagt. Änderungen im Programm hätten keine Besserung gebracht, berichtet ein Student. Die Jura-Uni werde sich von dem Anbieter trennen, kündigte Law-School-Sprecher Klaus Weber gestern gegenüber dem Abendblatt an. Genaue Gründe wolle er nicht nennen.

Zwischen dem System der Law School und dem Netzwerk der Uni Hamburg lägen "Quantensprünge", betont Lohmann. Es gebe nicht viele Firmen in Deutschland, die Software für ein solches Projekt anbieten würden. Die Universität habe die Auswahl unter drei Anbietern gehabt. Der Preis sei mitentscheidend gewesen.

Ein Jahr hatten die Verantwortlichen Zeit, um "Stine" an den Start zu bringen. Erst im April/Mai dieses Jahres begann die technische Umsetzung. Er hätte sich gewünscht, mehr Zeit gehabt zu haben, sagte Lohmann, aber verstehe auch, dass die Uni unter Zugzwang stand.

Nachdem bereits im vergangenen Jahr die ersten Bachelor-/Masterstudiengänge eingeführt worden seien, sollte die Umstellung auf das neue System so schnell wie möglich erfolgen.

War das vielleicht zu schnell? Die Erweiterung der Hauptspeicherkapazität hat jedenfalls weitere Arbeiten zur Folge. So müssen auch Veränderungen in der Datenbank vorgenommen werden. Gestern Abend gegen 22 Uhr sollten diese Überarbeitungen abgeschlossen sein. In der vergangenen Nacht waren dann Tests geplant, die auch heute noch fortgesetzt werden sollen.

Spannend wird es am kommenden Montag, "der neue Starttermin, an dem alles wie geplant läuft", sagt Lohmann, nachdem das neue System in unzumutbarer Weise ausgefallen sei. Er versichert: "Die Studierenden dürfen nicht zu leiden haben." Ihre Fristen zur Anmeldung wurden bis zum 19. Oktober verlängert. Und alle Daten der Studenten, die das Glück hatten, sich schon anmelden zu können, sollen gesichert sein.

Mit einem weiteren Zusammenbruch sei nicht zu rechnen, so Lohmann. "Wenn am Montag alle 40 000 Studenten auf das System zugreifen, wird der Server nur zu 50 Prozent ausgelastet sein." Na, was kann dann noch schiefgehen?

Das Infonetz im Internet: www.stine.uni-hamburg.de