Das Sehen spielt bei der subjektiven Bewertung von Beschwerden bei Asthma und Bronchitis eine große Rolle.

Beklemmung, Erstickungsgefühle, Kurzatmigkeit, Schmerzen - Atemnot ist ein subjektives Gefühl, das nicht nur dadurch bestimmt wird, wie viel Sauerstoff tatsächlich in die Lungenflügel gelangt. "Es wird auch dadurch geprägt, welche Bilder man sieht, wenn die Luft knapp wird. Das zeigt das Ergebnis einer neuen Studie, die wir kürzlich im 'American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine' veröffentlicht haben", sagt Prof. Christian Büchel, Direktor des Instituts für systemische Neurowissenschaften am UKE. "Ein Teil der Beschwerden wird also nicht durch die Atemnot ausgelöst, sondern durch das Umfeld. Damit will ich nicht sagen, Asthma-Spray sei unsinnig, auf keinen Fall. Aber man kann die Belastung der Menschen verringern, indem man das Umfeld positiv gestaltet."

Bilder zählen offenbar zu den Wohlfühlfaktoren, die man beachten muss. Dabei war die Bedeutung des Sehens für die subjektive Bewertung der Atemnot, die mit Asthma oder Bronchitis einhergehen kann, bislang wenig beachtet worden. Erst die gemeinsame Arbeit des Psychologen Andreas von Leupoldt von der Uni Hamburg, von Lungenfachärzten und Neurobiologen des UKE förderten diese Erkenntnis über unser Gehirn zutage. Und sie bestätigten einmal mehr: Was wir auch entscheiden, immer beeinflussen Emotionen unser Denken und unser Handeln. Auf die Schliche kamen die Wissenschaftler den verschlungenen Pfaden in unserem Gehirn, indem sie je sieben gesunde junge Frauen und Männer in einen Scanner legten. So konnten sie verfolgen, was im Gehirn geschah, während die Teilnehmer atmeten. Zuvor wurde den Probanden eine Maske aufgesetzt, sodass sie wie Taucher nur durch einen Schlauch Luft bekamen. In diesen Schlauch bauten die Forscher hin und wieder kleine Siebe ein, wodurch es schwerer wurde, Luft zu holen. "Wir haben so eine künstliche Atemnot erzeugt", so von Leupoldt. Auf einer Skala von null bis hundert bewerteten die Männer und Frauen, wie schwer ihnen das Atmen fiel und wie unangenehm sie ihren Zustand empfanden. Dabei zeigte von Leupoldt den Teilnehmern Bilder, die erfahrungsgemäß angenehme oder unangenehme Gefühle wecken. "Das erstaunliche Ergebnis: Die Bilder hatten keinen Einfluss darauf, wie die Teilnehmer ihre Anstrengung beim Luftholen bewerteten. Aber sie hatten sehr wohl einen deutlichen Einfluss darauf, wie wohl bzw. unwohl sich die Versuchsteilnehmer fühlten", berichtet Prof. Büchel.

Der Blick ins Gehirn mit der funktionellen Magnetresonanztomografie (fMRT) erlaubte auch zu sehen, welche Hirnregion aktiv wird, wenn die Menschen sich unwohl fühlen. Die Auswertung ergab, dass Nervenzellen in der Vorderen Insel aktiv sind. Die Insel im Stirnlappen entscheidet mit darüber, wie wohl wir uns in unser Haut fühlen. Denn diese Nervenansammlung ist eine Schaltzentrale für alle nervösen Regungen in unseren Eingeweiden, hier werden Herzschlag, Darmbewegung und Atmung registriert. "Die Nervenzellen, die bei unangenehmen Gefühlen aktiv werden, springen zudem auch bei Schmerzen an", sagt Büchel. Ob vielleicht auch das Schmerzempfinden durch Bilder verringert werden kann?

Im Mittelpunkt des nächsten Forschungsvorhabens, das die Partner im Rahmen des Bildgebungszentrums "Neuroimage Nord" jetzt angehen, soll geklärt werden, ob der positive und negative Effekt von Bildern auch bei Menschen zu beobachten ist, die an Atemwegserkrankungen leiden.