Öko-Bier: An der Schlei gärt Gerstensaft mit Wikinger-Ambiente. Bereits als Meeresbiologe studierte Ronald T. Carius Gärprozesse - und sattelte um auf Bier.

Asgaard, so heißt der Sitz der nordischen Götter, der Asen. Der Name schmückt das erste norddeutsche Bio-Bier, das seit seiner Premiere im Jahr 2001 inzwischen bundesweit durch die Kehlen rinnt. Nomen est omen - schließlich sollen den Asen die Braukunst und das Bier heilig gewesen sein. Das gilt auch für Ronald T. Carius (49), Eigentümer der kleinen Brauerei, die in einem ehemaligen Güterbahnhof in Schleswig residiert. Dies sei aktuell der größte Handelsplatz der Wikinger, betont der Braumeister nur wenige Kilometer entfernt vom historisch größten Handelsplatz Haithabu.

Carius braut seit 1994 Bier. Inzwischen fließen jährlich 3500 Hektoliter (hl, 350 000 Liter) durch sein aus dem Jahr 1889 stammendes Sudhaus, etwa 2000 hl Bioware und 1500 hl konventionelles Gebräu. Zum Vergleich: Die Holsten-Brauerei kommt allein an ihrem Stammsitz in Altona auf einen Jahresausstoß von 3,2 Millionen hl.

Der gebürtige Osnabrücker entdeckte erst im zweiten Anlauf sein Faible für den vergorenen Gerstensaft. Zunächst studierte der Meeresbiologe Gärprozesse im Nordsee-Sediment. In Wilhelmshaven. Die Nähe zur Jever-Brauerei weckte sein Interesse für Gärprozesse in geschlossenen Stahltanks.

Es folgte ein Studium der Brauereitechnik an der Technischen Universität Berlin. Dort staubte Carius - wortwörtlich - die eingemotteten kupfernen Sudhaus-Kessel der dortigen Versuchs- und Lehranstalt ab, um sie irgendwann zum Herzen einer eigenen Brauerei zu machen.

Zunächst schaute sich Carius im Osnabrücker Land nach einem geeigneten Standort um, suchte nach historischen Gebäuden. Dann erfuhr der passionierte Regattasegler auf einem Segeltörn auf der Schlei von einem Ausschreibungsverfahren für ein Gelände mit einem ausgedienten Güterbahnhof im Herzen der Stadt Schleswig. Carius reichte sein Konzept einer Brauerei inklusive Biergarten- und Kneipenbetrieb ein und traf bei den Stadtvätern auf Zustimmung.

Die Trennung von Bio- und konventionellem Betrieb sei kein Problem, versichert Carius. Schließlich müßten nach jedem Braugang sämtliche Bottiche und Leitungen ohnehin geputzt werden. Deshalb seien die Chargen leicht zu trennen.

Der Brauprozeß ist ohnehin derselbe. Für Bier, das in Deutschland und für den deutschen Markt gebraut wird, gilt noch immer das Reinheitsgebot von 1516: Als Zutaten dienen ausschließlich Wasser, Malz, Hopfen und Hefe. Für die Öko-Linie kommen nur Malz aus Bio-Gerste und Bio-Hopfen in Frage, die ohne chemisch-synthetische Dünger und Spritzmittel aufgewachsen und nicht geschwefelt worden sind.

Kleine Unterschiede macht die industrielle Produktion: "Häufig wird der Hopfen nach dem ersten Durchgang ein zweites Mal eingesetzt, um Rohstoff zu sparen", sagt Carius. Auf die Frage, ob darunter der Geschmack leide, antwortet er trocken: "Industriebier ist durch Werbung vorverkauft. Wer achtet da auf den Geschmack?" Industrielle Verfahren arbeiten zudem mit höheren Gärtemperaturen, um Zeit zu sparen. Auch der Lagerprozeß, bei dem das Bier einige Wochen reift, könne durch Zugabe von Hilfsmitteln beschleunigt werden, sagt der Wahlschleswiger.

Ronald T. Carius läßt seinem Bier Zeit. Davon hat der Vater von zwei Kindern (acht und zehn Jahre) selbst viel zu wenig. Als seine Familie meuterte, hat er sein Regattaboot gegen ein "familientaugliches Boot" umgetauscht - "damit fahren wir jetzt auch nicht", stellt er lakonisch fest. Schließlich läuft gerade zur Segelsaison die Kneipe auf Hochtouren, und der Brauer muß ständig für Nachschub sorgen. Er ist eben nicht nur seiner Frau und seinen Kindern verpflichtet, sondern auch den nordischen Göttern und seinen Zeitgenossen, die mit ihnen die Vorliebe zum Bier teilen.