Der französische Mathematiker und Astronom Henri Poincare, am 29. April 1854 in Nancy geboren und am 17. Juli 1912 in Paris gestorben, war Professor an der Sorbonne in Paris. Das Werk dieses genialen Denkers, der zu den größten Mathematikern zählt, ist äußerst vielseitig und immer noch aktuell.

Er forschte nicht (nur) im Elfenbeinturm. Im Auftrag des Bureau Longitudes befaßte er sich mit der Ausbreitung der synchronen Weltzeit oder prüfte das Für und Wider der Dezimalisierung der Zeit und des Raumes. Diese Auseinandersetzung führte ihn zur Philosophie. Seine Bücher über die Zeit und die Wissenschaft wurden zu Bestsellern. Oft wird Poincare als der "letzte Universalist in der Mathematik" bezeichnet.

Der sonst eher unpolitische Poincare trug auch zur Lösung der Dreyfus-Affäre bei. 1904 wurde er vom Gericht aufgefordert, den berühmten Zettel (den "bordereau") zu begutachten. Dreyfus wurde vorgeworfen, diesen ihn belastenden Zettel geschrieben und einem deutschen Militärattache versprochen zu haben, ihm Staatsgeheimnisse zu verraten. Poincare hatte das nie geglaubt. Mit Hilfe von astronomischen Präzisionsinstrumenten maß er mit zwei Kollegen die Handschrift aus. Er errechnete, daß dieses Schriftstück mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht von Dreyfus stammen könne. "Unterstützt durch Poincares 100-seitiges Gutachten vom 2. August 1904 hatte die zweite Revision Erfolg", so Peter Galison in "Einsteins Uhren, Poincares Karten" (Fischer).