Welche Faktoren bestimmen unser Wetter? Im ewigen Eis suchen Experten nach Antworten, die unsere Zukunft bestimmen.

Genau 47 Treppenstufen führen aus der eisig-windigen Kälte der Antarktis in ein behaglich warmes Eckzimmer. Es ist die "Lounge" im ersten Stock der neuen deutschen Forschungsstation Neumayer III. Hier treffen sich bald die Bewohner der weit verzweigten Station. Der Blick aus den großen Panoramafenstern ermöglicht die Sicht auf eine faszinierend-weiße Wüste - das geheimnisvolle Schelfeis. Heute startet sie.

200 Meter dick ist der Eispanzer, der hier am Festland-Schelf hängt und auf dem Meereis schwimmt. Wie Vanillesoße auf einem Schokoladenpudding fließt die Platte vom Rand der Antarktis nordwärts. Dazu steigt die Schneehöhe jährlich um einen Meter. "Ein Stoff, der fließt, aber Beton nahekommt", sagt Stationsingenieur Andreas Brehme. Die Konstrukteure der 2300 Tonnen schweren Station mussten einige Probleme lösen: "Wir wollten Mobilität und Stabilität verbinden", sagt Projektleiter Saad El Naggar vom Bremerhavener Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI). Die Antwort: eine hydraulisch hochfahrbare Stelzenplattform (siehe Extratext), ein Novum in der Geschichte deutscher Polarstationen. Frühere Konstruktionen - die Georg-von-Neumayer-Station (1981-1992) und die Station Neumayer II (seit 1992) - waren in den Schnee gebaut. Die Stahlröhren wurden von den Schneemassen begraben und deformiert.

Neun Wissenschaftler und Techniker können in Neumayer III ganzjährig leben und arbeiten. Im Sommer ist Platz für weitere Forscher, die für ein paar Wochen anreisen - mit Eisbrechern oder polartauglichen Spezialflugzeugen. Eine internationale Luftbrücke ermöglicht den Sprung vom südafrikanischen Kapstadt über russische, norwegische oder südafrikanische Stationen.

Wenn die Sommerteams abreisen, bleiben neun Überwinterer zurück. Anders als in den U-Boot-ähnlichen Vorgängerstationen können sie nun jederzeit das Licht sehen. "Das ist psychologisch ein Vorteil und hebt die Stimmung", sagt Eisforscher und stellvertretender AWI-Direktor, Prof. Heinrich Miller. Mehrere Wochen ist es aber fast völlig dunkel, wenn die Sonne nicht mehr über den Horizont lugt. Die neue belgische Polarstation in der Antarktis sei nicht mit der deutschen zu vergleichen. "Die belgische Station wird nur im Sommer und nur von wenigen bewohnt", sagt Miller.

4500 Meter dickes Eis Die deutsche Station gilt als wichtiger Beitrag Deutschlands zur Polarforschung. Sie wurde während des Internationalen Polarjahres 2008 errichtet. Was zieht die Forscher in die Antarktis? Zum einen deren Eigenschaft als "Eis-Kontinent" mit einem bis zu 4500 Meter dicken Eispanzer, zum anderen die immer wichtigere Erforschung des weltweiten Wetters und Klimas.

Allein schon die polaren Eisschilde sind wegen ihrer Rückstrahlung von Sonnenlicht ein bedeutsamer Faktor im komplexen globalen Zusammenspiel von Atmosphäre, Land, Ozean, Biosphäre und dem polaren Eis. Neumayer III spielt eine bedeutende Rolle in der internationalen Klimaforschung. Grundlage ist der Antarktisvertrag von 1959, nach dem der sechste Kontinent ein zu schützendes, nur zu friedlichen wissenschaftlichen Zwecken zu nutzendes Gebiet ist. Inzwischen gibt es über ein Dutzend größere Forschungsstationen in der Antarktis.

Die erste wichtige Basis errichtete die Bundesrepublik 1981, benannt nach Georg von Neumayer (1826-1909), der sich für die Südpolarforschung einsetzte. 1992 wurde eine Nachfolgestation fertig, die Neumayer III jetzt ersetzt. Alle drei Stationen standen auf dem Ekström-Schelfeis, knapp zehn Kilometer von der Eiskante der Weddellsee entfernt.

Neumayer III liegt 6,5 Kilometer von der bisherigen Station entfernt. Die ungewöhnliche Konstruktion mit den 16 Hydraulikfüßen soll eine lange Nutzungsdauer von 25 bis 30 Jahren ermöglichen. Ein ähnliches Konzept wurde kürzlich nur beim Neubau der US-Basis Amundsen-Scott am Südpol verwirklicht.

Auch Erdbeben- und Eisforscher kommen hier auf ihre Kosten. Denn es lassen sich Eisbeben registrieren, die durch Spannungsentladungen innerhalb des mächtigen Eispanzers entstehen. Hinzu kommt die Beobachtung von Langzeitveränderungen im Erdmagnetfeld. Eine Ergänzung bilden neue akustische Anlagen: Infraschallsensoren sollen die Einhaltung des Verbots von Nuklearwaffentests überwachen, und durch ein mit der Station verbundenes Observatorium werden mithilfe von Unterwassermikrofonen die natürlichen Geräusche im angrenzenden Südpolarmeer, zum Beispiel von Walen, aufgezeichnet. Alles in allem ein spannendes Spektrum.