Nobelpreis für Physik: Mit den Russen Vitali Ginsburg, Alexej Abrikosow und dem Briten Anthony Leggett werden die Pioniere der Supraleitung ausgezeichnet.

Der Physik-Nobelpreis geht in diesem Jahr an drei Forscher, die bahnbrechende Arbeiten zur verlustfreien Leitung von Strom geleistet haben. Die Preisträger sind: der Russe Vitali Ginsburg (87), der russisch-amerikanische Forscher Alexej Abrikosow (75) und der britisch-amerikanische Physiker Anthony Leggett (65). In supraleitenden Metallen fließt Strom ohne elektrischen Widerstand - und damit nahezu verlustfrei. Entsprechende Systeme werden unter anderem in Magnetkameras für medizinische Untersuchungen und in Teilchenbeschleunigern verwendet. In einem ringförmigen Supraleiter kann Strom monatelang fließen, ohne an Stärke zu verlieren. Der russische Physiknobelpreisträger Vitali Ginsburg wurde von der Auszeichnung "völlig überrascht": "Ich bin schon nicht mehr der Jüngste und es ist mir eine Ehre, dass die Akademie aus der Vielzahl der würdigen Kandidaten mich gemeinsam mit den beiden anderen ausgewählt hat." "Ich bin enorm erleichtert. Jetzt hat sich mein Leben doch gelohnt", sagte Abrikosow, nach dem er von der Auszeichnung erfahren hatte. Alexej Abrikosow arbeitet am Argonne National Laboratory in Illinois (USA). Er formulierte eine Theorie zu so genannten Typ-II-Supraleitern, die Strom auch in hohen Magnetfeldern verlustfrei leiten. Basis seiner Berechnungen waren mathematische Modelle Ginsburgs zu Typ-I-Supraleitern. Diese verdrängen Magnetfelder, wie sie bei jedem Stromfluss automatisch entstehen. Ginsburg leitete viele Jahre lang die theoretische Forschung des Lebedew Physical Instituts in Moskau. Kaum praktische Verwendung findet dagegen derzeit Anthony Leggetts Forschung. Der an der University of Illinois arbeitende Physiker entwickelte eine Theorie, die die Supraflüssigkeit eines bestimmten Helium-Typs erklärt. Bei sehr niedrigen Temperaturen ist Helium nicht mehr viskos, sondern fließt ohne Reibung über Oberflächen und sogar die Innenwand eines Becherglases hoch. "Die Arbeiten der Preisträger haben die entscheidende theoretische Grundlage für die supraleitenden Beschleunigerringe bei DESY geschaffen", sagte Prof. Albrecht Wagner, Vorsitzender des Direktoriums des Hamburger Forschungsinsitutes dem Abendblatt. "Der Protonen-Speicherring von HERA nutzt supraleitende Magnete, um Teilchen bei höchster Energie auf einer Kreisbahn zu halten. Ohne Supraleitung könnten die DESY-Teilchenphysiker und die Forscher am Röntgenlaser nicht in wissenschaftliches Neuland vorstoßen", sagte Wagner. Die höchste Auszeichnung für Physiker ist in diesem Jahr mit 1,1 Millionen Euro dotiert und wird am 10. Dezember überreicht.