Berlin . Abwehrkraft steigt, Glückshormone werden ausgeschüttet, Sozialbeziehungen gestärkt – Voraussetzungen für ein langes Leben.

Jungbrunnen, Abwehrstärke, Glücksrausch: Küssen macht nicht nur Spaß, sondern ist auch gut für die Gesundheit. Sogar die Wissenschaft beschäftigt sich mit dem feuchten Vergnügen. Schmetterlinge im Bauch, den Geruch des Partners in der Nase und die weichen Lippen des anderen auf den eigenen: Für viele Menschen ist Küssen eine der schönsten Nebensachen der Welt. Wissenschaftler gehen davon aus, dass es sogar einen gesundheitlichen Nutzen hat, obwohl sie diesen nicht in den Mittelpunkt ihrer Forschung stellen. Zum Internationalen Tag des Kusses heute einige gute Gründe für innige Küsse:

Gesundheit: Zwar hat nicht jeder Kuss Heilkräfte – und wer erkältet ist, sollte lieber nicht knutschen. Aber: „Der Kuss hat – alles in allem – eher gesundheitliche als krankmachende Wirkungen“, sagt der Biopsychologe Peter Walschburger von der Freien Universität Berlin. Hautkontakte zu pflegen, tue den Menschen gut, „und der Kuss ist nun einmal ein besonders intensiver Hautkontakt“. Die Bremer Kulturanthropologin Ingelore Ebberfeld betont: „Alles, wobei wir uns wohlfühlen, hat auch einen gesundheitlichen Aspekt. Das ist ein schöner Nebeneffekt des Küssens.“

Immunsystem: Küsse heben unsere Stimmung und vitalisieren uns dadurch laut Walschburger – so können sie die Abwehrkraft des Körpers stärken. Abgehärtet werden wir auch, weil beim Küssen unzählige Bakterien ausgetauscht werden. Aus Hygieneüberlegungen sollte also niemand auf das schöne Ritual verzichten. Denn wer aus Furcht vor den Bakterienströmen nicht mehr küsst, wird sicher nicht glücklicher.

Glück: Obwohl beim Thema Küssen oft von Glückshormonen die Rede ist: „Nicht alle Ethnien küssen so gern wie wir in der westlichen Welt“, sagt Kussforscherin Ebberfeld. „Deshalb kann man nicht pauschal sagen: Küssen macht glücklich.“ Wer gern küsse, den mache es aber glücklich, geküsst zu werden – natürlich nicht von jedem. Ist es der oder die Richtige, kennt der Organismus kein Halten. Ebberfeld: „Wenn wir verliebt sind oder jemanden außerordentlich begehren, dann ist im Gehirn Silvester. Da fliegen die Botenstoffe hin und her.“

Entspannung: Bei aller Aufregung verspricht Küssen Entspannung. „Das Küssen kann auch Stress reduzieren, wenn es zum Beispiel einem schlechten Tag eine gute Wendung verleiht“, sagt Walschburger.

Verjüngungskur: Küssen hält jung – ganz so vereinfacht würde es der Biopsychologe zwar nicht ausdrücken. Seine Erklärung geht aber in eine ähnliche Richtung: „Wenn man von Vielküssern annimmt, dass sie in gelingenden Sozialbeziehungen leben und damit glückliche Menschen sind, dann kann man schlussfolgern, dass sie länger leben als andere.“

Sicherheit: „Wenn wir uns am Anfang kennenlernen, dann versichert der Kuss: Wir gehören zusammen und ich hab’ dich immer noch genauso gern“, sagt Ebberfeld. „Der Kuss gibt uns ein Sicherheitsgefühl.“ Beim Küssen könne man auch schlecht lügen: „Vorzutäuschen, wollüstig zu küssen – da gehört schon einiges dazu.“ Für die Frauen sei der Kuss ein Mittel, um zu überprüfen: Steht der Andere noch zu mir? Wie sind seine Gefühle? Archaisch betrachtet sei es sehr wichtig gewesen, dass der Versorger an die Familie gebunden war. Männer hingegen küssten eher zielorientiert. „Sie wollen ihre Gene weitergeben.“

Mit dem Internationalen Tag des Kusses an diesem Montag soll nach dem Willen der Initiatoren das zärtliche Ritual in besonderer Weise hervorgehoben werden. Das ist im deutschen Schlager sicher nicht mehr erforderlich. Seit Generationen widmen Texter dem Thema zahlreiche Zeilen, wie schon eine kleine Auswahl von alten wie aktuelleren Schlagertiteln zum Küssen belegt: Im Klassiker „Rote Lippen soll man küssen“ von Cliff Richard aus dem Jahr 1963 ist laut Liedtext ein „schönes Fräulein im letzen Autobus“ gemeint. Geküsst werden soll sie „Ta-ha-hag und Nacht“.

„Küssen verboten“ singen die Leipziger Prinzen 1992. „Keiner, der mich je gesehen hat, hätte das geglaubt – Küssen ist bei mir nicht erlaubt“, erklärt dabei Sänger Sebastian Krumbiegel. Max Raabe stellt 2011 fest: „Küssen kann man nicht alleine“. Doch der Künstler mit Hang zur Musik der 20er- und 30er-Jahre weiß Rat: „Küssen kann man nur zu zweit, ich wär' dazu bereit.“ „Küss mich“, fordert 2014 Stefanie Hertel – am liebsten unterm Weihnachtsbaum. Die deutliche Aufforderung des Volksmusik-Stars erschien auf ihrer Advents-CD „Dezembergefühl“. Mit dem Titel „Kuss“ widmet Götz Alsmann dem Thema 2005 gleich ein ganzes Album.