Experten fordern, dass bei der Beurteilung der Behandlungsqualität in Kliniken der Nutzen der Therapie für den Menschen mehr berücksichtigt wird. Fokus der Qualitätsmessung liege auf dem Patienten.

Hamburg Wo finde ich die beste Therapie für meine Erkrankung? Wie gut ist die Behandlung dort? Und muss ich wirklich operiert werden oder ist eine konservative Therapie genauso gut? Wer medizinische Hilfe benötigt, stellt sich diese Fragen – und möchte für sich die bestmögliche Behandlung von hoher Qualität. Doch wie lässt sich diese Qualität messen? Diese Frage wird in letzter Zeit immer häufiger diskutiert. Vertreter der Schön Klinik Hamburg-Eilbek und Bad Bramstedt sowie der Martini-Klinik am UKE äußerten sich jetzt zu Bewertungsmaßstäben. Denn die Qualität einer Krankenhausbehandlung hat viele verschiedene Facetten: Experten unterscheiden zwischen Strukturqualität (zum Beispiel mit der Frage: Wie viele Fälle werden behandelt?), Prozessqualität (zum Beispiel mithilfe der Standards für die Händedesinfektion) und der Ergebnisqualität, die sich etwa in der Komplikationsrate einer Behandlung ausdrückt.

Experten der Schön Klinik Eilbek plädieren dafür, bei der Messung der Qualität den Nutzen für den Patienten mehr zu berücksichtigen. „Der Fokus der Qualitätsmessung liegt auf dem Patienten“, sagte Prof. Frank Lampe, Chefarzt für Endoprothetik an der Schön Klinik Eilbek. Dafür setzen die Ärzte Fragebögen ein, die von den Patienten ausgefüllt werden: vor und nach dem Eingriff und dann noch zweimal nach der Entlassung aus der Klinik, nach drei und sechs Monaten. Dabei geht es zum Beispiel nach dem Einsatz eines künstlichen Hüftgelenks um die Fragen, ob jemand noch Schmerzen hat, wie beweglich er ist und ob er die normalen Tätigkeiten des Alltags problemlos bewältigen kann. „Als Operateur sind für mich vor allem die nachhaltigen Behandlungserfolge wichtig“, sagte Lampe. Behandlungsresultate werden klinikübergreifend verglichen, in Fachgruppen diskutiert, verbessert und Standards festgelegt.

Das gilt auch für andere Abteilungen der Klinik. So ist ein weiteres Beispiel die Behandlung der Magersucht. So könne man die Behandlung daran messen, wie hoch die Gewichtszunahme bei der Entlassung sei, sagte Prof. Bernd Löwe, Direktor der Poliklinik für Psychosomatik und Psychotherapie am Universitätsklinikum Eppendorf und Chefarzt der Psychosomatik an der Schön Klinik Eilbek. Denn die Rückfallquote nach der Entlassung hänge maßgeblich davon ab, welcher Body-MassIndex (Gewicht in Kilogramm geteilt durch das Quadrat der Körpergröße in Metern, BMI) erreicht werde. Dabei werden die Behandlungsergebnisse der Schön Kliniken miteinander verglichen. Aus den Vergleichen werden dann wieder Behandlungsempfehlungen abgeleitet, zum Beispiel für die erfolgreichste Form der Ernährungstherapie.

Am Beispiel der Depression erläuterte Dr. Gernot Langs, Chefarzt in der Schön Klinik Bad Bramstedt, dass eine Vernetzung von Behandlungsangeboten, die auf den Patienten zugeschnitten ist, die Qualität der Versorgung verbessern kann. So habe sich gezeigt, dass eine stationäre Behandlung nachhaltiger sei, wenn Patienten danach eine ambulante Therapie erhalten würden. „Deswegen geben wir ihnen eine Therapeutenliste. Wenn sie nach drei bis vier Wochen noch keinen Psychotherapeuten gefunden haben, schalten wir uns ein und sind bei der Suche behilflich“, sagte Langs.

Prof. Hartwig Huland von der Martini-Klinik am UKE, die auf die Behandlung des Prostatakrebses spezialisiert ist, erklärte, wie die Dokumentation von Behandlungsergebnissen für die Beurteilung der Qualität genutzt wird: „Unsere Datenbank, in der mittlerweile mehr als 20.000 Patienten mit jährlichen Verlaufsinformationen erfasst sind, nutzen wir nicht nur für wissenschaftliche Analysen, sondern auch alle sechs Monate zur Qualitätsbewertung der Operateure. Dadurch konnten wir die Ergebnisse aller Operateure immer weiter verbessern.“ Generell sprach er sich dafür aus, möglichst auf internationaler Ebene, Standards zu erarbeiten, an denen die Qualität der Ergebnisse gemessen wird. Nur so seien die Behandlungsergebnisse verschiedener Kliniken miteinander zu vergleichen.

Frank Liedtke, Hamburger Landesgeschäftsführer der Barmer GEK, kennt die vielen Diskussionen um die Behandlungsqualität und auch die Sorgen der Patienten. „Anfragen zu Empfehlungen von Kliniken und zu Zweitmeinungen zu einer Behandlung erleben wir immer häufiger“, sagte Liedtke. Man spüre das Bedürfnis nach immer umfassenderer Information. Es gibt schon jetzt ein Bündel von gesetzlichen Maßnahmen zur Qualitätssicherung, wie zum Beispiel Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, Qualitätsberichte der Kliniken und Anforderungen zu Mindestmengen von bestimmten Eingriffen, die ein Krankenhaus erbringen muss. Diese Mindestmengen müssten nicht nur für ein Krankenhaus, sondern auch für bestimmte Operateure gelten, sagte Liedtke. Er forderte unter anderem auch, dass Qualitätsinformationen weiterentwickelt und transparent und nachvollziehbar dargestellt werden und dass schlechte Qualität Konsequenzen haben muss.