Die Zahl der Herztransplantationen ist weiter rückläufig, Operationen an den Herzklappen nehmen zu. Um Patienten zu helfen, weichen Mediziner in vielen Fällen auf sogenannte Kunstherzen aus.

Hamburg. Bypässe, neue Herzklappen, Transplantationen – im vergangenen Jahr wurden rund 100.000 Menschen in Deutschland am offenen Herzen operiert. Prof. Hermann Reichenspurner, Direktor des Universitären Herzzentrums (UHZ) am Universitätsklinikum Eppendorf hat die Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie in Freiburg besucht und beschreibt die wichtigsten Entwicklungen, die dort vorgestellt wurden.

Sorgen bereitet den Experten der Mangel an Spenderorganen für Patienten, die an schwerer Herzschwäche leiden. „Die Zahlen sind weiter rückläufig, 2013 gab es in Deutschland 301 Transplantationen, 29 weniger als im Vorjahr. 1995 erhielten 550 Menschen in Deutschland ein neues Herz“, sagt Reichenspurner.

Um den Patienten zu helfen, weichen Herzchirurgen zunehmend auf die Implantation von Herzunterstützungssystemen aus, sogenannte Kunstherzen. „Diese halten mittlerweile bis zu sechs Jahre, und die Ergebnisse sind in den ersten beiden Jahren denen der Transplantationen ebenbürtig. Danach ist die Transplantation das bessere Verfahren“, sagt Reichenspurner. 2013 wurden am UKE 20 Patienten mit solchen Systemen versorgt, zwölf erhielten ein neues Herz.

Thema der Tagung war auch die Dauerdiskussion um die Frage: „Stent oder Bypass?“ Bei der Bypassoperation wird mit Arterien oder Venen des Patienten ein verstopftes Herzkranzgefäß überbrückt. Viele Patienten scheuen die OP jedoch und entscheiden sich für einen Stent. Diese kleine Gefäßstütze wird per Katheter bis in die Herzkranzgefäße vorgeschoben. Sie wird eingesetzt, nachdem eine Engstelle mit einem Ballon aufgedehnt wurde, und soll diesen Bereich auf Dauer offen halten.

„Die Zahl der Bypassoperationen ist 2013 mit 55.000 erneut zurückgegangen, wie auch schon in den Jahren zuvor. Die Stent-Implantationen lagen im vergangenen Jahr bei 337.000“, sagt Reichenspurner. Für die Bypässe werden vermehrt Arterien verwendet. Mittlerweile würden in Deutschland 22Prozent aller Bypässe ausschließlich mit Arterien gelegt, im UHZ seien es schon 72 Prozent.

Operationen an den Herzklappen haben in den letzten Jahren dagegen zugenommen. 11.000 Menschen wurden 2013 an der Aortenklappe zwischen der linken Herzkammer und der Hauptschlagader operiert. Ebenfalls zugenommen haben aber auch die Eingriffe, bei denen eine neue Aortenklappe per Katheter eingesetzt wurde (TAVI). „Diese Zahl liegt mittlerweile bei etwa 9000 pro Jahr und ist damit fast so hoch wie die der offenen Operationen“, sagt der Herzchirurg.

Allerdings liegt das Sterberisiko beim Katheterverfahren (fünf bis zehn Prozent) immer noch deutlich höher als bei der offenen Operation (zwei bis drei Prozent). „Deswegen ist das Katheterverfahren immer noch den Patienten vorbehalten, für die aufgrund ihres Alters oder anderer Erkrankungen eine Operation ein sehr hohes Risiko hat oder gar nicht infrage kommt – die Auswahl des jeweiligen Verfahrens sollte gemeinsam von Kardiologen und Herzchirurgen getroffen werden“.

Etwa 7000 Operationen wurden im vergangenen Jahr an der Mitralklappe zwischen linkem Vorhof und linker Herzkammer durchgeführt. Dabei habe die Zahl der minimal invasiven Eingriffe über kleine Schnitte deutlich zugenommen und liege am UHZ bei über 80 Prozent, sagt Reichenspurner. Bei diesen Eingriffen werden deutschlandweit die meisten defekten Herzklappen (69 Prozent) repariert, die anderen Patienten erhalten eine neue Herzklappe.

Auch hier gibt es als Alternative zur OP Katheterverfahren. „Die Methode, bei der die Klappe durch das Einsetzen von Clips repariert wird, ist mittlerweile das einzig etablierte Verfahren, kommt aber ebenfalls nur für Patienten infrage, für die eine offene Operation zu riskant ist.“