Stromversorger und Katastrophenschützer fühlen sich gerüstet

Nach dem Stromausfall von München fiel gestern Abend um 18 Uhr für 27 Minuten in Frankfurt am Main die Straßenbeleuchtung aus. Auch in Hamburg gingen schon mal die Lichter aus.

Es war ein Mini-Blackout: Am 6. Oktober waren nach einem Defekt in einem Erdkabel 3500 Haushalte im Hamburger Osten für zwei Stunden ohne Strom. Wie anfällig die Netze sind, bezeugt auch der Stromausfall von Harburg: Im März 2006 verursachte ein Tornado Kurzschlüsse in sechs Freileitungen. 300 000 Hamburger im Süden waren ohne Strom, der Schaden ging in die Millionen.

Wäre allerdings nur ein Umspannwerk des Energieversorgers Vattenfall wie in Lokstedt betroffen, wären rund 50 000 Haushalte ohne Strom. "In ein bis drei Stunden wären unsere Kunden durch Umschaltmaßnahmen wieder versorgt", sagt ein Vattenfall-Sprecher.

Ein Stromausfall, der nur eine Stunde dauert, löst noch nicht den Katastrophenfall aus, erklärt Holger Poser, Referatsleiter Katastrophen- und Bevölkerungsschutz in der Innenbehörde. Mehr als 2000 Megawatt verschlingt Hamburg täglich. "Sollten schlagartig alle Lichter ausgehen, würden wir versuchen, mit dem noch vorhandenen Reststrom eine gewisse Versorgungssicherheit herzustellen", sagt Poser. "Nach mehreren Stunden wäre dann zu prüfen, wo Ersatzstromanlagen benötigt werden. Allerdings ist dies nur ein Mittel, um kurzfristige Engpässe in geeigneten Objekten zu überbrücken." Gleichzeitig würde die Polizei auf den Straßen massiv Präsenz zeigen - auch um Plünderungen zu vermeiden.

Der Energiechef des Kupferproduzenten Aurubis, Ulf Gehrckens, sieht weiterhin die Gefahr von Blackouts. Deshalb habe sich Aurubis auf solche Szenarien vorbereitet. "Wären wir nicht vorbereitet, würde bei einem Stromausfall in den Öfen das flüssige Kupfer aushärten, das Metall müsste dann in den Öfen und Leitungen bergmännisch abgebaut werden", sagt Gehrckens. "Unser Werk würde monatelang stillstehen. Das wäre der GAU." Aurubis habe aber bereits eine siebenstellige Summe in Ersatzgeneratoren investiert, ein Zehntel der Gesamtleistung stecke in der Energiereserve. "Wir sind gewappnet."

Was bei einem großräumigen und tagelangen Ausfall passieren könnte, hat das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) untersucht. Wenn es nicht so glimpflich abläuft wie in München, gibt es kaum noch Trinkwasser, Toiletten sind verstopft, es wächst die Gefahr von Krankheiten. Alten- und Pflegeheime müssen teilweise geräumt werden, Arztpraxen können nicht mehr weiterarbeiten. Das Risiko von Bränden steigt durch den Ausfall von Kühlungen in der Industrie oder Versuche, in den Haushalten ohne Strom zu kochen, zu heizen oder zu beleuchten. Die Lebensmittelregale: leer.

Die Bürger seien durch die Gefährdungen und Ungewissheiten verunsichert, es können Ohnmachtsgefühle und Stress entstehen. Einige Menschen werden rücksichtsloser. Fazit der Studie: "Die Wahrscheinlichkeit eines lang andauernden (...) Stromausfalls mag gering sein. Träte dieser Fall aber ein, kämen die dadurch ausgelösten Folgen einer nationalen Katastrophe gleich."