Eine Untersuchung zeigt die zeitliche und geografische Entwicklung zu den heute lebenden 9993 Arten. Die Studie birgt einige Überraschungen.

London. US-Forscher haben die Familiengeschichte der Vögel rekonstruiert: Sie haben einen Stammbaum aller 9993 heute lebenden bekannten Vogelarten entworfen, in dem neben Zeiträumen auch geografische Daten vermerkt sind. Damit können sie nachvollziehen, wann, wo und wie es zur heutigen Artenvielfalt gekommen ist. Die Ergebnisse enthalten einige Überraschungen: So leben heute in den Tropen zwar ungewöhnlich viele Vogelarten. Die Geschwindigkeit, mit der dort neue Arten entstehen, war in der Vergangenheit jedoch unerwartet gering.

Zudem fächern sich vorhandene Arten in der westlichen Hemisphäre offenbar schneller und stärker in neue Arten auf als in der östlichen - warum, können die Forscher noch nicht sagen. Die Ergebnisse könnten helfen, die Artenvielfalt bei den Vögeln zu erhalten, schreibt das Team um Walter Jetz von der Yale University in New Haven im Fachjournal "Nature".

Die Forscher fassten vorhandene Informationen zu den Familienverhältnissen der Vögel zusammen und kombinierten sie mit genetischen, geografischen und zeitlichen Daten. So entstand ein Stammbaum, der ihren Angaben nach sehr viel vollständiger ist als jeder Entwurf zuvor. An der Länge der jeweiligen Äste lässt sich ablesen, wie schnell sich neue Arten gebildet haben; die geografischen Daten zeigen Entwicklungs-Hotspots.

Insgesamt hätten sich in den vergangenen 50 Millionen Jahren immer schneller neue Arten gebildet, resümieren die Forscher. Allerdings folgte diese Zunahme weder klaren zeitlichen noch klaren geografischen Mustern. Es gab vielmehr immer wieder Stellen oder Zeiträume, in der sehr schnell sehr viele neue Arten erschienen. Einen solchen Effekt findet man beispielsweise auf Inseln, wo aus einer einzigen Art rasch viele neue spezialisierte Arten hervorgehen. Eine ungewöhnlich schnelle Evolution gab es zudem dort, wo plötzlich neue Verhaltensweisen oder neue körperliche Eigenschaften unter den Vögeln auftauchten. Veränderte Umweltbedingungen beschleunigten die Artenbildung etwa bei Kolibris, Papageien und einigen Singvögeln. Und auch klimatische Veränderungen förderten die Vielfalt.