Dass der Mensch auch schlafend lernen kann, haben Forscher nun gezeigt. Zumindest können bestimmte Töne mit Gerüchen verknüpft werden.

London. Es ist der Traum vieler Menschen, die sich mit dem Lernen etwas schwer tun: Im Schlaf lernen. Forscher haben nun offensichtlich gezeigt, dass das so unmölglich eigentlich nicht ist. Denn auch schlafend kann der Mensch – bis zu einem gewissen Grad – lernen. Hört er wiederholt Töne, die von einem bestimmten Geruch begleitet werden, merkt sich das schlafende Gehirn die Ton-Duft-Kombination. Dem Menschen selbst wird der Lernvorgang nicht bewusst. Das haben israelische Forscher jetzt gezeigt und damit erstmals nachgewiesen, dass sich nicht nur Gelerntes im Schlaf verfestigt, sondern auch neue Verbindungen geknüpft werden können. Ob auch das Lernen komplexerer Zusammenhänge während des Schlafens möglich ist, können sie aber noch nicht sagen. Über ihre Arbeit berichten Anat Arzi vom Weizmann-Institut in Rehovot und ihre Kollegen im Fachmagazin „Nature Neuroscience“ (doi: 10.1038/nn.3193).

Immer wieder versuchten Wissenschaftler in der Vergangenheit nachzuweisen, dass der Mensch im Schlaf lernen kann – und zwar nicht nur Dinge, die er vorher angeschaut hat, sondern völlig Neues. Die Ergebnisse waren jedoch ernüchternd: Ein echter, belastbarer Nachweis gelang nicht, auch wenn Sprachschulen und Internetanbieter nach wie vor mit der Lernen-im-Schlaf-Methode werben. Arzi und ihre Kollegen gingen die Frage daher jetzt von einer anderen Seite an: Anstatt zu versuchen, die Gehirne ihrer Probanden im Schlaf mit neuen Wörtern oder anderen komplexen Lerninhalten zu füllen, wählten sie eine klassische Konditionierung als Testsystem. Bei dieser Art von Lernen stellt das Gehirn automatisch eine Verbindung zwischen verschiedenen Sinnesreizen her.

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Die Wissenschaftler entschieden sich für eine Ton-Geruchs-Kombination: Sie spielten 55 schlummernden Probanden Töne vor und ließen sie gleichzeitig verschiedene Düfte über eine Atemmaske einatmen. Dabei waren die unterschiedlichen Töne immer mit einem ganz bestimmten Geruch verknüpft. Der Clou daran: Selbst im Schlaf reagierten die Probanden auf angenehme Düfte anders als auf unangenehme. Erschnupperten sie beispielsweise einen blumigen Deo- oder Shampoo-Geruch, atmeten sie tiefer durch die Nase ein als bei dem Gestank von verrottendem Fisch oder Aas. Dieser Unterschied lässt sich messen, sodass die Forscher den Lernerfolg leicht überprüfen konnten.

Im ersten Schritt testeten sie, ob sich das Gehirn auch im Schlaf die Ton-Duft-Kombinationen merkt. Dazu spielten sie den immer noch schlafenden Testteilnehmern nach einer Lernphase die Töne vor, ohne gleichzeitig den Geruch auszulösen. Ergebnis: Hörten die Probanden die zuvor mit einem angenehmen Duft kombinierten Töne, sogen sie tatsächlich mehr Luft durch die Nase ein als bei den Tönen, die vorher von Gestank begleitet gewesen waren. Fazit der Forscher: Das Gehirn erlernt also tatsächlich neue Zusammenhänge im Schlaf.

Die zweite Frage war, ob das Erlernte auch nach dem Aufwachen noch verfügbar war. Dass dies der Fall war, konnte das Team durch Tests der Schnupperreaktion auf die Töne am nächsten Morgen zeigen. Allerdings scheint entscheidend zu sein, in welcher Schlafphase der Lernprozess stattfindet: Während des Traum- oder REM-Schlafs ist zwar die Reaktion auf die Töne im Schlaf stärker als in den anderen Schlafphasen, die Verknüpfung verschwindet jedoch nach dem Aufwachen. Das sei vermutlich der gleiche Effekt wie die typische Traum-Amnesie, also das Phänomen, dass man viele Träume gleich nach dem Aufwachen vergisst, erläutern die Forscher. Findet der Lernprozess dagegen in den früheren, tieferen Schlafphasen statt, bleibt die Verknüpfung bestehen.

Die Frage, ob sich auch andere Informationen im Schlaf erlernen lassen, bleibt allerdings unbeantwortet. Denn Düfte werden vom Gehirn auf eine besondere Art und Weise verarbeitet, und es war bereits in früheren Studien gezeigt worden, dass sie helfen können, Erinnerungen zu verfestigen.

Mit Material von dapd