Die wenig erforschte Seuche breitet sich weiter in Deutschland aus. Nun wird der Ruf nach einem schnelleren Krisenmanagement laut.

Berlin. Eine Stadt im Sauerland schafft es regelmäßig in die Schlagzeilen. Nicht, weil dort so viel los ist - die Stadt ist Namensgeber einer neuen Tierseuche, die bereits rund 100 Betriebe in Deutschland erreicht hat.

Angesichts der Ausbreitung der für Schafe und Rinder gefährlichen Schmallenberg-Viren wird der Ruf nach einem schnelleren Krisenmanagement bei neuen Tierkrankheiten laut. Es sei „ein viel zu schwerfälliges Verfahren“, dass Anzeigepflichten für unbekannte Erreger heute nur gemeinsam mit dem Bundesrat eingeführt werden könnten, sagte die Agrarexpertin der FDP-Bundestagsfraktion, Christel Happach-Kasan, der Nachrichtenagentur dpa. Der Bund müsse die Möglichkeit erhalten, dies per Eilverfahren zunächst allein zu regeln. „Wir brauchen eine Kernsanierung des Tierseuchengesetzes“, wie es im wesentlichen seit 1909 bestehe, forderte Happach-Kasan.

Der vor wenigen Monaten noch unbekannte Schmallenberg-Erreger kann bei Schafen, Rindern und Ziegen unter anderem zu Fehl- und Missgeburten führen. Seit vergangenen November wurde das Virus in Deutschland bei mehr als 100 Betrieben nachgewiesen. Am stärksten betroffen ist nach jüngsten Daten des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI/Insel Riems) das Bundesland Nordrhein-Westfalen. Es folgen Niedersachsen, Hessen, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Am Montag meldete als siebtes Bundesland auch Thüringen einen Fall.

Das Bundeslandwirtschaftsministerium hatte in der vergangenen Woche die Einführung einer Meldepflicht für das Schmallenberg-Virus angekündigt. Eine entsprechende Verordnung soll der Bundesrat Ende März beschließen, dann könnte sie in Kraft treten.

+++Der Sauerland-Erreger+++

+++Tierseuche bei Schafen in 17 Betrieben nachgewiesen+++

Ein Ministeriumssprecher erläuterte, bereits jetzt sei es den Behörden möglich, täglich ein aktuelles Lagebild zu erstellen. Mit den Ländern sei vereinbart worden, neue Fälle unmittelbar über das elektronische Tierseuchen-Nachrichtensystem (TSN) zu melden. „Auch wenn die amtliche Verordnung erst im März vom Bundesrat beschlossen wird, wird die Meldepflicht bereits jetzt praktiziert.“ Nutzer des Systems sind Veterinär-Stellen in Kreisen, Ländern und beim Bund.

FDP-Expertin Happach-Kasan sagte: „Es ist davon auszugehen, dass künftig häufiger bei uns nie beobachtete Tierkrankheiten auftreten werden.“ Hintergrund sei der globale Handel. „Auf diese Entwicklung müssen die zuständigen Stellen in Deutschland schnell reagieren können.“ Eine zügige Einführung von Anzeigepflichten ermögliche es auch, betroffene Bauern rascher aus der Tierseuchenkasse der Länder zu entschädigen. In der Seuchenbekämpfung sei zudem mehr auf Impfungen zu setzen, um das Töten von Tieren zu vermeiden. Die Forschung dafür müsse verstärkt werden.

Auch die Niederlande, Belgien, Großbritannien und Frankreich haben Fälle gemeldet. Im Frankreich wurde das Virus bislang in sechs Verwaltungsbezirken im Norden des Landes nachgewiesen. Betroffen sind nach jüngsten Angaben des Agrarministeriums Schafe in 13 landwirtschaftlichen Betrieben. Der erste Fall in dem Land war in der vergangenen Woche aus der Lothringen gemeldet worden.

Für Menschen besteht nach Behördenangaben kein Gesundheitsrisiko. Das Virus ist nach der Stadt Schmallenberg im Sauerland benannt, dort wurde der Erreger weltweit erstmals bei Rindern nachgewiesen.